Computational Thinking – algorithmisches Denken im Alltag und in der Schule

Computational Thinking – algorithmisches Denken im Alltag und in der Schule
7
Okt

Es kann zu jeder Zeit und an jedem Ort stattfinden. Manchmal bewusst, meistens aber unbewusst. In manchen Situationen ist es sogar mit großer Anstrengung und Disziplin verbunden und kann sogar dazu führen, einem den Schlaf zu rauben. Die Rede ist vom Denken.

Im Internetzeitalter spricht man von Computational Thinking (CT); „Denken 4.0“ gilt als Grundkompetenz zum effizienten (und oft maschinellen) Lösen von Problemen.

Moment mal – noch eine Kompetenz, gar eine Grundkompetenz? Und schon wieder der Begriff „effizient“. Wo wir doch durch Multitasking und ständiger Erreichbarkeit etc. ohnehin ständig zu Höchstleistungen getrieben werden…

„CT und Programmieren muss in die Lehrpläne und Fächer wie Latein und Geschichte ersetzen“ (Norman Weiß, Geschäftsführer von German Robotics GmbH, 30.07.2019)

Computational Thinking (CT), in der deutschen Forschung auch algorithmische Kompetenz oder informatisches Denken genannt, wird oft mit Programmieren („Coden“) gleichgesetzt – eine essentielle Fertigkeit, die schon vor Jahren auch von politischen Schwergewichten wie Angela Merkel („[…] Programmieren als eine Grundfähigkeit neben Lesen, Schreiben, Rechnen.“ und Barack Obama (“It’s a basic skill. Right along with the three Rs.”) gefordert wurde. Dabei ist CT mehr als die Beherrschung einer künstlichen Sprache mit Syntax, Grammatik und Semantik: Es handelt sich um ein Denkmodell, mit dem man komplexe Probleme lösen kann. „Komplex“ bedeutet dabei nicht einen abstrakt-theoretischen Level, CT kann auch bei Alltagsproblemen (“life hacks“) gut eingesetzt werden.

Da das Konzept aus der Informatik stammt, gewissermaßen eine der Grundwissenschaften im modernen digitalen und mobilen Leben, werden neben dem logischen Denken auch andere Skills wie Mathematik, Technikwissen, Planungskompetenz, Frustrationstoleranz, selbstgesteuertes Lernen gefördert.

Der Mathematiker und Computerpioneer Seymour Papert, Begründer der Programmiersprache LOGO, sprach sich als Visionär bereits 1968(!) dafür aus, dass Kinder fähig sein sollten, Computer zu programmieren (und wurde dafür belächelt), und schrieb später in seinem bahnbrechenden Werk Mindstorms (1980): “The question to ask about the program is not whether it is right or wrong, but if it is fixable“. Doch nicht nur in der Informatik findet CT Anwendung – in sämtlichen Unterrichtsfächern, Lebensbereichen und bei vielen Kompetenzen sind Aspekte wie Mustererkennung, Abstraktion oder Algorithmen wesentlich.

 „Alles Leben ist Problemlösen“ (Karl Popper, 1994)

Egal, ob in der Musik, beim Kochen, beim Sport oder in der Literatur: überall im täglichen Leben wendet man bestimmte Algorithmen an, d.h. vertraute, allgemeingültige, terminierende, knapp und präzise verfasste und immer eindeutige Vorschriften, die in einer bestimmten Reihenfolge ausgeführt werden müssen – sequentiell, mit Wiederholung oder unter bestimmten Bedingungen.

Über welche dieser algorithmischen Kompetenzen bzw. über welche Ausprägung man verfügt, hängt von Faktoren wie (Aus-)Bildung, Kulturkreis, Geschlecht, Alter, Abstraktionsfähigkeit, sozialer Herkunft, Nationalität etc. ab. Dennoch – die grundsätzliche Kompetenz zu abstraktem Denken, „wissen wie es funktioniert“ mit authentischen Kontexten ist die zu erreichende Strategie.

Hier schließt sich der Kreis wieder in Richtung Informatik / Technik: die Fähigkeit, ein Problem zu erkennen und dieses dann (meist) durch digitale Geräte schnell und effizient zu erledigen zu lassen, ist unabdingbar. Viele Berufe haben sich über die Zeit stark gewandelt; viele unserer jetzigen Schülerinnen und Schüler werden in Berufen arbeiten, die es im Moment noch gar nicht gibt. Und bei vielen Berufsbildern verschwimmen die Grenzen…

Anknüpfungspunkte für CT sind im Alltag ständig vorhanden, viele Dinge erledigen wir ohnehin nach „Schema F“, ohne groß darüber nachzudenken. CT als Denkmuster ermöglicht sehr effizientes und automatisiertes Arbeiten in einer Zeit und Welt, in der wir oft Multitasking betreiben müssen.

Über den Workshop

Computational Thinking muss in den Lehrplänen fest verankert werden. Diese Challenge nehmen Lehrpersonen gerne an! Wie können ein Umdenken bei Aufgabenformaten und digitale Tools dazu verhelfen, diese von der Wirtschaft seit Jahren geforderte Kompetenzen zu fördern? Wie können Kinder auf das Leben in der digitalen Welt am besten vorbereitet werden? Im Talk wird über diese Fragen diskutiert und technologiegestützte sowie praxisbezogene Lösungen für Lehrpersonen aller Schulstufen erarbeitet. Effizientes und vernetztes Denken in einer virtuellen Lernkultur – das ist das Ziel!

Über den Teilgeber

Markus Rauscher unterrichtet die Fächer Englisch, Französisch und Informatik, seit 2001 am oberbayerischen Gymnasium Waldkraiburg. Da er sich seit rund 35 Jahren intensiv mit Computertechnik und Programmieren befasst, gilt sein Interesse schon immer auch dem Einsatz digitaler Medien im Unterricht und Game-Based Learning u.a. mit Mebis, div. Flash-Animationen, Learning-Apps oder selbst geschriebenen Programmen mit Java oder JavaScript. Im Unterricht versucht er, den Schülern mit CT möglichst allgemeine und automatisierbare Lernstrategien zu vermitteln, um den Anforderungen eines modernen Unterrichts mit derzeitigen digitalen Möglichkeiten Genüge zu leisten. Darüber hinaus gibt er Vorträge zu verschiedenen aktuellen medienpädagogischen Themen.