Viel Luft nach oben – Der Länderindikator 2017

Viel Luft nach oben – Der Länderindikator 2017
13
Dez

Der Einsatz digitaler Medien ist zentraler Ausgangspunkt der digitalen Bildung. Inwieweit und wie häufig dies bereits geschieht, ist eine der Grundfragen der Studie „Schule digital – Der Länderindikator“, die von 2015 bis 2017 jährlich im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung von der Technischen Universität Dortmund durchgeführt wurde.Hierfür wurden Lehrkräfte 1.218 Lehrkräfte der Sekundarstufe I an allgemeinbildenden Schulen aus allen 16 Bundesländern befragt.

Die repräsentative Untersuchung soll sichtbar machen, in welchem Maß digitale Medien bereits Teil der Unterrichtsrealität sind und dokumentiert Entwicklungen im Bundesländervergleich. Das diesjährige Ergebnis ist laut Abschlussbericht ernüchternd: „Auch in dieser Runde zeigt sich: Die digitalen Möglichkeiten für das Lehren und Lernen bleiben noch weitestgehend vor dem Schultor.“

Kernthemen und MINT-Fokus

Um Prognosen, jährliche Vergleiche und Trends aufstellen zu können, untersucht der Länderindikator vier Kernthemen:

  1. IT-Ausstattung und Konzepte der Schulen
  2. Nutzung digitaler Medien im Unterricht
  3. Förderung der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der Schüler
  4. Kompetenzen der Lehrkräfte im Umgang mit digitalen Medien im Unterricht

Anwendung digitaler Medien mit besonderem Fokus auf MINT (Themenschwerpunkt 2017)

In diesem Jahr ist mit der „Anwendung digitaler Medien mit besonderem Fokus auf MINT“ ein zusätzlicher Themenschwerpunkt hinzugekommen. Die dritte Ausgabe wird die vorerst letzte sein, so Professor Dr. Wolfgang Schuster, Vorsitzender Deutsche Telekom Stiftung, im Editorial: „Nach drei Länderindikatoren in Folge legen wir nun eine Pause ein und planen, die Studie in ein paar Jahren erneut durchzuführen.“

Im Folgenden stellen wir euch einige – mitunter überraschende – Ergebnisse des diesjährigen Länderindikators vor.

Nutzung digitaler Medien und vorhandene Medienkonzepte

Bei der regelmäßigen Nutzung digitaler Medien im Unterricht offenbaren die Ergebnisse große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Während 64,4% der bayerischen Lehrkräfte diese beispielsweise mindestens einmal pro Woche einsetzen, trifft dies nur auf 34% ihrer Bremer Kollegen zu. Zum Vergleich: der bundesdeutsche Mittelwert liegt bei 50,1%, ein leichter Anstieg gegenüber den beiden vorangegangenen Jahren (2015: 47,7%, 2016: 49,8%). Der Anteil derjenigen Befragten, die auf digitale Medien verzichten ist indes von 5,2% im Vorjahr auf 3,7% gefallen.

In durchschnittlich 56,6 % der Schulen ist ein Medienkonzept vorhanden. Dies bedeutet zwar eine Steigerung im vergleich zum Vorjahr (50,9%), ist aber aufgrund des sehr allgemein gefassten Begriffs „Medienkonzept“ nur bedingt aussagekräftig. Wie genau diese Konzepte aussehen, wer sie erarbeitet hat und wie viele der Lehrenden tatsächlich damit arbeiten, gilt es zu hinterfragen.

Zusammenarbeit mit Kollegen und eigene Kompetenz

Auffallend ist hier, dass die Mehrheit der Studienteilnehmer bei der Erstellung von Unterrichtseinheiten, welche digitale Medien miteinbeziehen, kaum mit Kollegen zusammenarbeitet. Nur 9,9% schließen sich mindestens einmal pro Monat mit anderen Lehrenden zusammen, um gemeinsam Strategien und Stunden zu entwickeln. 2016 waren es noch 11,9%. Dieser Trend ist kritisch zu sehen, da gerade die Zusammenarbeit und das dadurch entstehende Feedback erwiesenermaßen zu einem besseren Einsatz der digitalen Medien führen kann.

Die eigene Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien im Unterricht sehen die meisten Lehrenden hingegen positiv. 64,3% sehen sich in der Lage „Fachinhalte, digitale Medien und Lehrmethoden in ihrem Unterricht miteinander zu kombinieren“. Allerdings lassen sich auch hier größere Unterschiede zwischen den Bundesländern ausmachen: Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz liegen mit durchschnittlich 70,1% klar über dem Bundeswert; Berlin, das Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen kommen dagegen nur auf 50%.

IT-Ausstattung und technischer Support

Um digitale Medien im Unterricht sinnvoll einsetzen zu können, bedarf es einer funktionierenden IT-Infrastruktur und -Ausstattung. Die Ergebnisse des Länderindikators sind diesbezüglich unbefriedigend: Nur 55,6 % der Befragten empfanden die Ausstattung ihrer Schulen als ausreichend. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren gab es hier insgesamt nur eine Steigerung von 2,7 Prozentpunkten. Am besten schnitten hier Bayern, Brandenburg, Hessen und Rheinland Pfalz statt, die auf einen Durchschnittswert von 65,5 Prozent kamen. Berlin, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig Holstein sind mit unter 45% hingegen Schlusslichter.

Auch beim technischen Support (im Durchschnitt 55,3% Zufriedenheit) und pädagogischen Support (42,5 % Zufriedenheit gesamt) gibt es noch starken Aufholbedarf.

Kaum genutzte Chancen in den MINT-Fächern

Die MINT-Fächer bilden gewissermaßen die Grundlage für die Digitalisierung. Ohne komplexe Algorithmen, Programmiersprachen und technische Kenntnisse gäbe es weder Laptops noch Smartphones oder Tablets. Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik verfügen daher sozusagen von Haus aus über eine große Nähe zu digitalen Medien und Endgeräten und sinnvollen Anwendungsszenarien im Unterricht. Umso mehr überrascht es daher, dass die befragten Lehrkräfte nur in zwei Punkten (Nutzung von Tabellenkalkulationsprogrammen, Nutzung von Simulations-, Experimentier- oder Modellbildungs-/Modellierungsprogrammen) einen stärkeren Einsatz von digitalen Medien im Vergleich zu anderen Fächern angeben.

Fazit

Der Länderindikator 2017 zeigt erneut, dass es erhebliche Defizite bei der digitalen Bildung gibt. Je nach Bundesland variiert der Einsatz digitaler Medien im Unterricht mitunter stark. Besonders kritisch steht es um Berlin, das Saarland, Sachsen und Schleswig Holstein bestellt, welche die Schlusslichter im Gesamtvergleich bilden. Bayern, Hessen und Rheinland Pfalz gehören dagegen zur Spitzengruppe. Große Hoffnungen setzen die Verantwortlichen der Erhebung auf den DigitalPakt#D, der Investitionen in die digitale Infrastruktur an das Vorhandensein pädagogischer Konzepte knüpft. Die Infrastrukturmaßnahme der scheidenden Bundesbildungsministerin Wanka ist allerdings nicht im nächsten Bundeshauhalt vorgesehen und gilt aufgrund der aktuellen Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung als unsicher. Fakt ist: Es besteht akuter Handlungsbedarf.

Links

Webseite der Deutschen Telekom Stiftung mit den Länderindikatoren der Jahre 2015-17: https://www.telekom-stiftung.de/projekte/schule-digital-der-laenderindikator

Abschlussbericht der Studie als PDF-Datei: https://www.telekom-stiftung.de/sites/default/files/files/media/publications/Schule_Digital_2017__Web.pdf