Metaverse in Schulen: 3 Szenarien für digitale Bildung

Metaverse in Schulen: 3 Szenarien für digitale Bildung
25
Aug

„Das Metaverse sieht aus, als würde man von einem riesigen Mark Zuckerberg durch Animal Crossing gejagt.“ Dieser und tausende ähnlicher Kommentare waren die Online-Reaktion auf ein Selfie aus der Metaverse-Anwendung „Horizon Worlds“, das Zuckerberg und sein Unternehmen Meta letzte Woche posteten. Zwar sind Reaktionen im Netz immer mit Vorsicht zu genießen. Häme bricht sich dort viel schneller Bahn als Begeisterung und Lob.

Irritierende Bilder

Dennoch fällt es schwer, sich nach einem Blick auf Zuckerbergs Selfie nicht zu fragen, ob das, was man da sieht, ernst gemeint ist. Denn sowohl der Avatar als auch der Hintergrund sind grafisch alles andere als auf dem Stand der Dinge. Vielmehr sieht diese Welt aus wie eine Mischung aus Nintendo 64 und Animal Crossing. Wenige Details, knallige Farben und Gesichter mit irritierend großen Augen.

Wie die vielgepriesene digitale Zukunft wirkt dies beileibe nicht. Zumal man sich unwillkürlich fragt, wo wohl die 10 Milliarden Dollar geblieben sind, die allein im letzten Jahr ins Metaverse geflossen sein sollen.

3 Szenarien für das Metaverse im Schulalltag

Genug der Irritation. Denn die Idee(n) hinter dem Metaverse sind durchaus interessant und haben das Zeug, unser Leben nachhaltig zu verändern. Da stellt sich uns automatisch die Frage, welche Potentiale das alternative Universum für die digitale Bildung beinhaltet. Gerade jetzt, wo wir uns noch in der Anfangsphase befinden, lohnt es, schon einmal drei unterschiedliche Anwendungsszenarien durchzuspielen.

1. Virtuelle Klassenräume und hybrider Unterricht

Die Coronapandemie hat gezeigt, dass ortsgebundener Unterricht keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Das jahrhundertealte Bild des Klassenzimmers, in dem eine Reihe von Schüler*innen im Frontalunterricht lernt, gehört der Vergangenheit an. In den letzten zweieinhalb Jahren mussten aus der Not heraus zahlreiche Alternativen entwickelt und ausprobiert werden. Das klappte mal mehr, mal weniger gut.

Statt zermürbender Zoom-Konferenzen, ließe sich der Unterricht auch im Metaverse durchführen. Hier können Orte gewählt bzw. erzeugt werden, an denen die Lernenden zusammenkommen. Dank VR-Technologie wären diese deutlich immersiver als ein Laptopbildschirm der in einer vollen Küche steht. Als Avatare können die Lernenden interpersonal kommunizieren. Gleichzeitig ließen sich Dokumente einfacher teilen und neue Unterrichtsmethoden ausprobieren, die das klassische Frontalsetting hinter sich lassen.

Der tägliche Weg zur Schule fiele aus. Dadurch ließen sich Co2 und Zeit sparen. Für das „reale“ Gemeinschaftsgefühl können Präsenztage bestimmt werden, an denen in einem Raum gelernt wird. Dieses Szenario wäre auch pandemiefest. Wir möchten den Teufel zwar nicht an die Wand malen, aber Corona ist noch nicht vorbei und das zukünftige Pandemiegeschehen schwer einschätzbar. Gerade gesundheitlich vulnerablen Lernenden bietet das Metaverse Sicherheit.

2. Lehrkräfte im Metaverse

Die Ortsungebundenheit des Metaverse könnte auch beim Lehrer*innenmangel helfen. Wer seinen physischen Arbeitsort frei wählen kann und sich nicht mit den Tücken veralteter Schulgebäude und fehlender Technik herumschlagen muss, kann sich stärker auf den Unterricht konzentrieren. Schulen wären so – mit einigen politischen Änderungen – viel freier hinsichtlich der Suche nach Lehrkräften.

Und Lehrkräfte könnten etwa einen Auslandsaufenthalt mit dem Unterricht verbinden. Dies ist nicht zuletzt für junge Arbeitnehmer*innen attraktiv, die eine gewisse Flexibilität von ihren Arbeitgeber*innen erwarten. Zumal sich so auch Expert*innen für einzelne Unterrichtseinheiten hinzuholen ließen, ohne dass Reisekosten anfielen.

3. Nie wieder Platzprobleme

Fehlende Klassenzimmer, schlechte Ausstattung, kein funktionierendes WLAN. Klagen, die an vielen deutschen Schulen zum Alltag gehören. Und die mit dem Metaverse der Vergangenheit angehören würden. Denn im Virtuellen Raum mangelt es nicht an Platz. Räume lassen sich individuell gestalten. Lehrende und Lernende können diese nach ihren Bedürfnissen formen und verändern.

Die unterschiedliche Ausstattung von Schulen würde dadurch kein Thema mehr sein. Räume ließen sich an das jeweilige Thema anpassen. Ferner können im Unterricht Reisen in andere Länder oder Museen unternommen werden, ohne physisch den Raum zu verlassen oder Budgets beantragen zu müssen. Schulgebäude könnten verkleinert und zu sozialen Hubs umgewandelt werden, an denen sich Lernende zum gemeinsamen Arbeiten treffen können.

Fazit: Optimistisch bleiben

Die vorgestellten Szenarien sind zunächst einmal Idealfälle. Natürlich ist uns bewusst, dass hinsichtlich deren Umsetzung einige Fragen aufkommen werden. Etwa, wer die notwendige VR-Ausrüstung und-Wartung für Schüler*innen bezahlt. Oder wie sich all das datenschutzrechtlich umsetzen lässt. Ganz abgesehen davon, wie lange es dauert, bis eine wirklich nutzbare Version des Metaverse verfügbar ist.

Zuckerbergs Selfie mag pessimistisch stimmen. Die Entwicklungen von Microsoft und Co. zeigen aber, dass durchaus Grund zur Hoffnung besteht. Und nach Lockdown-bedingten hybriden Unterrichtsperioden sind sowohl Schulleitungen als auch Lehrkräfte offener für alternative Lösungen geworden. Noch befinden wir uns im Anfangsstadium. Gerade jetzt ist also der Zeitpunkt, an dem wir Visionen und Ideen sammeln sollten, wie Lehrende und Lernende das Metaverse nutzen können. So lässt sich ein natürlicher und bedürfnisorientierter Umgang damit entwickeln.

Tobias Schiller