Let’s Play: Gamification im Unterricht

Let’s Play: Gamification im Unterricht
24
Jun

Ob es darum geht, europäische Hauptstädte mit Hilfe eines Quiz zu lernen oder Vokabeln in einer Schnellraterunde abzufragen – Gamification, also der Einsatz spielerischer Elemente, Mechaniken und Strukturen in einer spielfreien Umgebung, ist seit Jahrzehnten fest im Unterricht etabliert.

Spielerisch Lernen

Der Begriff als solcher ist hingegen noch relativ jung. Geprägt wurde er im Jahr 2002 von dem britischen Programmierer Nick Pelling. Anfangs wurde er vor allem im Marketing und der Unterhaltung verwendet, bevor sich Gamification-Ansätze auch in anderen Bereichen etablierten. Hierzu zählen neben Fitness und Freizeitgestaltung auch Weiterbildung und Schulen. Ziel ist es, den angeborenen Spieltrieb zu nutzen, um die Motivation zu steigern und teils unattraktive oder unbeliebte Aufgaben und Betätigungen ansprechender erscheinen zu lassen. Gerade der Schulunterricht eignet sich daher besonders gut für den Einsatz spielerischer Lern- und Lehrszenarien

Mit der Digitalisierung haben sich die Möglichkeiten, Gamification-Ansätze in den Unterricht zu integrieren, vervielfacht. Smartphones, Tablets oder Laptops ermöglichen es mit Apps und Programmen, in Gruppen oder einzeln in unterschiedlichen Lerndisziplinen gegeneinander anzutreten und gleichzeitig den individuellen Fortschritt zu dokumentieren.

Gamification im Unterricht

Das Gamification-Prinzip kann äußerst vielfältig eingesetzt werden. Es erlaubt sowohl die Nutzung digitaler Medien und Spiele als auch analoge Settings. Der Fantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt, so lange der Lerneffekt im Mittelpunkt steht. Traditionelle Brettspiele wie Mensch ärgere dich nicht können beispielsweise auf den Unterrichtsstoff hin modifiziert werden. Auch Quizze erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Einige Lernmanagementsysteme (LMS) verfügen zudem über Tools, mit denen Lehrend eigene Frage-Antwort-Spiele im Stil von „Wer wird Millionär“ für ihre Schüler konzipieren können.

Zudem lassen sich digitale und analoge Spielszenarien miteinander verbinden. So erprobt die Pädagogische Hochschule Ludwigsburg derzeit die Verknüpfung von virtueller und realer Welt im Sportunterricht einer Stuttgarter Grundschule. Was zunächst absurd klingen mag, funktioniert in der Praxis erstaunlich gut: Die Kinder spielen zunächst auf dem Tablet ein Level des Spiels „Super Mario“. Haben sie es beendet, stehen sie auf und durchlaufen einen Hindernisparcours. Sie ändern folglich die Perspektive, werden vom Spieler zur Spielfigur und trainieren dabei sowohl motorische wie digitale Fähigkeiten. Darüber hinaus konnten die Forscher beobachten, wie die Identifikation mit dem digitalen Alter Ego auch das Selbstbewusstsein der Schüler, wie Sportdidaktik-Dozentin Anja Marquardt der SWP gegenüber bestätigt: „Die Kinder trauen sich viel mehr zu als sonst“.

Spielprinzipien steigern die Motivation

Grundsätzlich eignen sich Gamification-Ansätze gut zur Aktivierung und Motivationssteigerung von Lerngruppen. Diese werden vor allem von typischen Spielprinzipien gefördert:

  • Statusvergleich: Durch den unterschiedlichen Fortschritt untereinander oder zwischen Gruppen steigen der Wettbewerbsgedanke und die Motivation
  • Teamwork / Kollaboration: Durch das Aufteilen der Lerngruppe in unterschiedliche Teams wir die Zusammenarbeit untereinander gestärkt.
  • Zeitmanagement: Gerade bei Spielen mit zeitlicher Begrenzung, lernen die Schüler, ihre Zeit sinnvoll einzusetzen und als Ressource zu begreifen.

Die spielerische Leichtigkeit des Gamification-Ansatzes erfordert indes eine präzise Vorbereitung und präzise Durchführung. Nicht jedes Thema ist dafür geeignet. Gerade komplexere Sachverhalte sollten nicht zugunsten eins spannenden Spielverlaufs zu stark vereinfacht werden. Außerdem sollte immer darauf geachtet werden, dass keine negativen Gruppendynamiken entstehen. Zwar kann der Statusvergleich den Wettbewerb fördern, er kann aber auch dazu führen, dass sich schwächere Schüler benachteiligt fühlen. Dies gilt es zu beachten, um den Spaß am Spiel nicht zu gefährden.

Einige Spielehersteller bieten inzwischen auch speziell für den Unterricht konzipierte digitale Spiele an. Besonders populär ist das Rollenspiel Classcraft, das inzwischen in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. In diesem lassen sich die individuellen Fortschritte der Lernenden nachvollziehen und das Gemeinschaftsgefühl stärken.

Fazit

Gamification-Ansätze sind zwar keine Neuheit im Schulunterricht. Im Rahmen der Digitalisierung entfalten sie allerdings neue Potenziale. Viele Schüler*innen sind bereits durch Games und verschiedene Apps mit Gamification-Ansätze an spielerische Strukturen und Abläufe gewöhnt. Die Motivationsschwelle ist also niedrig und die spielerischen Ansätze ermöglichen es auch zurückhaltenden Schüler*innen, ihre Stärken auszuspielen.