Die Schere geht auseinander: Einblick in die neue GEW-Studie

Die Schere geht auseinander: Einblick in die neue GEW-Studie
1
Okt

Die Coronapandemie hat in vielen gesellschaftlichen und politischen Bereichen wie ein Brennglas gewirkt. Bestehende Missstände wurden noch sichtbarer bzw. haben sich noch verschlimmert.

Neben der Pflege trifft dies vor allem auf den Bildungssektor zu. Trotz Digitalpakt und vielfacher Bestrebungen, ländereigene Bildungsclouds einzurichten, wurde sichtbar, was viele Betroffene (Schulleitungen, Lehrende, Schüler*innen & Eltern) schon lange wussten: Es mangelt vielerorts an technischer Infrastruktur, Konzepten und Endgeräten.

Digitalisierungsschub und fehlende Ressourcen

Zwar hat die Pandemie durchaus einen Digitalisierungsschub ausgelöst, doch fehlt es nach wie vor an Konzepten und personellen Ressourcen. Darüber gibt auch eine neue Studie Aufschluss, die von der Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft (GEW) und der Georg-August-Universität Göttingen durchgeführt wurde. Unter dem Titel „Digitalisierung im Schulsystem 2021“ wurden die Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen, Rahmenbedingungen und Perspektiven von Lehrkräften in Deutschland untersucht. Befragt wurden 2.750 Lehrkräfte an 233 deutschen Schulen.

Mangelnde technische Infrastruktur

Die technische Infrastruktur bildet dabei einen Schwerpunkt, an dem es erhebliche Defizite gibt. So gaben nur 69,7 % der Befragten an, dass es an ihren Schulen WLAN für alle Lehrkräfte gibt. Die Verfügbarkeit von WiFi für Schüler*innen war hingegen nur bei 48,7% gegeben. Auch hinsichtlich der Ausstattung von Lehrenden mit eigenen, tragbaren, digitalen Endgeräten sind die Ergebnisse ernüchternd. 51,7% der Studienteilnehmer*innen gaben an, kein Gerät gestellt zu bekommen. Zwar war dies eine Verbesserung um 10,7% im Vergleich zur Vorpandemiezeit, die fehlende Ausstattung führte aber auch zu einer erhöhten Nutzung privater digitaler Endgeräte im dienstlichen Kontext. So gaben rund 95% an, ihre eigenen Geräte in der Pandemie für die Lehrtätigkeit genutzt zu haben.

Digitale Reifegrade

Im Rahmen der Studie konnte eine deutliche Kluft zwischen den Schulen ermittelt werden. Auf Basis einer Datenanalyse wurden vier „digitale Reifegrade von Strategie und Infrastruktur auf Schulebene im Jahr 2021“ gebildet, die auf dem Vergleich von 174 Schulen beruhen:

  1. Digitale Vorreiter-Schulen
  2. Digital orientierte Schulen
  3. Durchschnitt-Schulen
  4. Nachzügler-Schulen

Die Ergebnisse offenbaren erheblichen Handlungsbedarf: Ein Drittel der Schulen ist dem Reifegrad vier zuzuordnen, 29% dem Reifegrad drei. Mehr als die Hälfte der Schulen sind also bestenfalls durchschnittlich.

Gestiegene Arbeitszeiten

Neben der Infrastruktur, befasst sich die Erhebung auch mit den Arbeitszeiten und -umständen von Lehrer*innen in der Pandemie. Coronabedingt ist die Arbeitszeit der meisten Befragten um 30 bis 60 Minuten pro Woche angestiegen. Darüber hinaus haben Lehrende ihre Digitalkompetenzen an die Situation angepasst. Dennoch ist das Stress-Level gerade an den Nachzügler-Schulen höher als an den digitalen Vorreiter-Schulen, an denen sich Lehrkräfte an bestehenden Rahmenkonzepten orientieren können.

Forderungen der GEW

Mit Blick auf die Studienergebnisse fordert die GEW eine “ Strategie- und Qualitätsoffensive für Medienkompetenz an den Schulen.“ Zudem dürfe die Digitalisierung an Schulen nicht auf die Infrastruktur reduziert werden. Es brauche vielmehr ganzheitliche Rahmenkonzepte.