Die Pandemie hat sich auch auf die MINT-Bildung ausgewirkt, so das Ergebnis des diesjährigen MINT-Nachwuchsbarometers. Der jährliche Trend-Report der Joachim Herz Stiftung und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) erhebt zentrale Indikatoren in der MINT-Bildung, etwa die Beliebtheit verschiedener naturwissenschaftlicher Studienfächer, und hilft, Entwicklungen im Bildungssystem frühzeitig zu erkennen.
Das Nachwuchsbarometer
Der Report spiegelt jährlich die bundesweite Nachwuchssituation in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) wider. Mit der Erhebung ist das Leibniz Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik betraut. Das Barometer soll Entwicklungen im Bildungssystem frühzeitig erkennen und wichtige Handlungsfelder identifizieren, um die MINT-Fächer zu stärken.
Grundschulen besonders stark betroffen
Die negativen Auswirkungen der Pandemie zeigen sich laut der aktuellen Erhebung besonders an Grundschulen. Die fachliche Lernrückstände der Schülerinnen und Schüler seien bis zum Ende der Grundschule am höchsten. So habe sich im Durchschnitt ein Lernrückstand von zehn bis 13 Wochen im Fach Mathematik aufgebaut. Diese drei Monate Lernstoff fehlten vielen Grundschüler*innen.
Rückstände bei digitaler Bildung
Die Pandemie führte zu einem deutlichen Digitalisierungsschub, wie das MINT-Barometer 2021 zeigte. Inzwischen nutzen 95 % der befragten Lehrkräfte Lernplattformen. Allerdings, so die Ergebnisse des diesjährigen Reports, würden digitale Medien größtenteils im Sinne des klassischen Frontalunterrichts eingesetzt. Nur 16 Prozent der MINT-Lehrkräfte nutzten angeleitete, eigenständige Projektarbeiten, die sich besonders für das häusliche Lernen eignen.
Der Wunsch nach hybriden Lehrformaten besteht auch bei MINT-Studierenden. Die Studienanfänger aus den Jahren 2020 und 2021 haben ihr Studium bisher weitestgehend online absolviert. Sie wünschen sich unter anderem Blendend-Learning-Elemente sowie Formate, die Online- mit Präsenzlehre verbinden. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund des MINT-Fachkräfte- und -Lehrendenmangels zu berücksichtigen.
Verankerung im Lehramtsstudium
Die Arbeit mit digitalen Tools und Lernformaten müsse vorangetrieben werden, so Nina Lemmens, Vorstand der Joachim-Herz-Stiftung. Hierfür bedürfe es sowohl Fortbildung als auch einer Verankerung der Nutzung dieser Techniken in das Lehramtsstudium. Auch Michael Fritz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, sieht Handlungsbedarf. Es brauche „Qualifizierungsangebote für Lehrkräfte, die MINT-Bildung und den Einsatz digitaler Geräte im Unterricht sinnvoll verknüpfen.“ Zudem solle die „analog versus digital-Denke“ überwunden werden. Vielmehr gelte es, eine Lernkultur der Digitalität zu schaffen.
Flipped Classroom als Empfehlung
Als eine sinnvolle Methode fürs hybride Lernen und Unterrichten im naturwissenschaftlichen Bereich wird im Studienbericht der Flipped-Classroom-Ansatz vorgestellt. Diese Strategie ist in der digitalen Bildung indes gut bekannt. Die Methode wird unter anderem in Schulen angewandt, in denen es an digitaler Infrastruktur mangelt.
Im Kern wird die klassische Lernsituation umgekehrt: Statt in der Schule, erarbeiten sich Schüler*innen neue Lerninhalte selbstständig zuhause. Der Unterricht vor Ort wird in erster Linie für die Vertiefung unterschiedlicher Problemstellung und die Diskussion von Fragen genutzt. Diese Unterrichtsmethode erziele große Lernfortschritte, vor allem im MINT-Bereich, so die Autor*innen mit Bezug auf aktuelle Studien.