Adaptiv und selbstlernend: Künstliche Intelligenz in der Schule

Adaptiv und selbstlernend: Künstliche Intelligenz in der Schule
19
Apr

Rebellion der Maschinen – der Titel des dritten Teils der beliebten Terminator Filmreihe spielt auf martialische Art mit einer Grundangst der digitalisierten Gesellschaft: Was passiert, wenn künstliche Intelligenz sich verselbstständigt und gegen den Menschen richtet? Im fiktionalen Filmuniversum führt dies zu jeder Menge Zerstörung und einer Art Apokalypse. In der Realität gibt es durchaus prominente Stimmen die genau davor warnen. Unter ihnen beispielsweise Tesla- und SpaceX-Chef Elon Musk, der extra eine Nonprofit-Organisation gegründet hat, die künstliche Intelligenz auf Open-Source-Basis so entwickeln soll, dass sie keinen Schaden anrichten kann.

Künstliche Intelligenz im Alltag

Wissenschaftlich fundierte Quellen für Musks Pessimismus gibt es derweil noch nicht. Vielmehr ist KI schon lange Teil unseres Alltags und durchsetzt diesen immer stärker. Seien es die vorgeschlagenen Produkte auf unseren personalisierten Amazon- oder Netflix-Startseiten, die Navigationsfunktion von Google Maps, die auf Basis von Millionen von Live-Daten den kürzesten, staufreisten Weg ermittelt oder Plagiatssoftware, mit deren Hilfe sich die Echtheit eines Texts überprüfen lässt. Diese drei Beispiele stehen symptomatisch für viele andere Bereiche und Anwendungen. Und sie zeigen eins: Künstliche Intelligenz ist schon jetzt ein fester Bestandteil unseres Lebens, auch wenn es uns mitunter gar nicht bewusst ist. Im Gegenteil, häufig haben wir uns einfach an den Komfort gewöhnt, den die technische Entwicklung mit sich bringt.

Das Schulbuch wird adaptiv

Grund genug also, sich damit auch in den Schulen zu befassen und sich die Frage zu stellen, welche Möglichkeiten künstliche Intelligenz für die digitale Bildung bietet. Mit dieser und ähnlichen Fragen beschäftigen sich gerade Wissenschaftler des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern im Rahmen des Projekts HyperMind. Hierfür entwickeln sie ein intelligentes Schulbuch, das den Lernstand und das Lernverständnis der Schüler konstant misst, dadurch ihre Stärken und Schwächen identifiziert und die Inhalte und Aufgaben individuell anpasst.

Möglich machen dies Sensoren, welche die Blickrichtung der Schüler erfassen (sogenannte Eye-Tracker), auf deren Basis die Software auswertet, welche Textpassagen oder Grafiken wiederholt oder länger angesehen werden. Auf Basis dieser Daten können die Algorithmen der künstlichen Intelligenz Rückschlüsse auf etwaige Verständnisschwierigkeiten oder verstärkte Interessen ziehen. Das Schulbuch kann dann individuell und adaptiv darauf reagieren und beispielsweise weitere Informationen zu einem Begriff oder Thema liefern.

Neben den Eye-Track-Sensoren lassen sich mit Hilfe einer Smart Watch weitere biometrische Daten erheben, etwa der Puls des Schülers. Dieser kann wiederum zur Messung der jeweiligen Belastung herangezogen werden, sodass Inhalte und Tempo noch adaptiver angepasst werden können. HyperMind ist Teilprojekt des Vorhabens „U.EDU: Unified Education – Medienbildung entlang der Lehrerbildungskette“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.

Schüler für KI sensibilisieren

Bis das adaptive Schulbuch zum Einsatz kommt, wird es wohl noch einige Zeit dauern. Bis dato sollte künstliche Intelligenz aber nicht nur als Thema für den Informatikunterricht gesehen werden. Wie die eingangs erwähnten Beispiele aufgezeigt haben, interagieren wir bereits in unterschiedlichsten (Lebens-)Bereichen und Feldern mit selbstlernenden Algorithmen. Daher ist es nur folgerichtig, wenn KI auch in verschiedenen Fächern thematisiert wird.

Abgesehen von den naturwissenschaftlichen Fächern bietet sich hierfür beispielsweise der Ethik- und Politikunterricht an. Wer trägt die (moralische und rechtliche) Verantwortung, wenn – wie jüngst geschehen – ein selbstfahrendes Fahrzeug einen Unfall verursacht? Wie nutzen Wirtschaftsunternehmen künstliche Intelligenz um auf Basis von gesammelten oder erworbenen Daten Rückschlüsse und Prognosen zu erstellen? All diese Fragen können im Mittelpunkt von Lehreinheiten und Diskussionen rund um Nutzen und Risiken von künstlicher Intelligenz stehen. Spannend wird auch sein, inwieweit sich die Rolle des Lehrenden durch die die immer umfangreicheren Einsatzmöglichkeiten von KI-Technologien und -Software verändern wird.

Tobias Börner