Charta Digitale Bildung: Gemeinsames Verständnis als Grundlage

Charta Digitale Bildung: Gemeinsames Verständnis als Grundlage
30
Aug

Im Bereich der digitalen Bildung wurden in den letzten Jahren viele Initiativen, Vereine und Bündnisse gegründet. Sowohl auf zivilgesellschaftlicher Ebene als auch bei großen Unternehmen, Verbänden und auf der politischen Ebene haben sich unterschiedliche Akteur*innen zusammengetan, um die Zukunft der Bildung mitzugestalten, zu untersuchen und aktiv zu unterstützen.

Gemeinsames Verständnis von digitaler Bildung

Doch was genau beinhaltet digitale Bildung eigentlich? Der Begriff ist inzwischen zum viel verwendeten Schlagwort geworden, das einen Diskurs überschreibt, der weitläufig und heterogen ist. Er taucht regelmäßig in Wahlprogrammen auf, ist Gegenstand von Büchern populärer Philosophen und wird als Gradmesser der Fortschrittlichkeit eines Landes angesehen.

Ein gemeinsames, umfassendes Verständnis von digitaler Bildung ist Kern der in diesem August lanciertern „Charta Digitale Bildung“. Angestoßen von der Gesellschaft für Informatik (GI), fokussiert sich die gemeinsame Erklärung von Vertreter*innen aus Parteien, Verbänden, Initiativen, Bildungsinstitutionen und Unternehmen auf einen zeitgemäßen Bildungsbegriff. Dieser hat zum Ziel, „Urteilsfähigkeit, Kreativität, Selbstbestimmtheit, Gestaltungsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Chancen der Teilhabe am Gesellschafts- und Arbeitsleben der Schüler*innen zu stärken.“

Veränderte Kulturtechniken und digitale Kompetenzen

Zu den drei zentralen Aspekten der Charta gehören relativ allgemeine Aussagen, etwa, dass sich die Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen durch die Digitalisierung wesentlich verändert hätten und digitale Kompetenzen „zu einem festen Bestandteil der Allgemeinbildung geworden  und grundlegende Voraussetzung für Mündigkeit in der digitalen Welt, gesellschaftliche Teilhabe und berufliche Entwicklung jeder und jedes Einzelnen“ seien.

„Digitale Welt“ vs. „Durch Digitalisierung geprägte Welt“

Hier zeigt sich einmal mehr eine terminologische Unschärfe, die in der Debatte um die digitale Bildung immer wieder zu beobachten ist: Die Konstruktion einer „digitalen Welt“. Ist am Anfang der Charta noch von einer „durch Digitalisierung geprägten Welt“ die Rede, wird daraus im ersten Punkt eine vollends digitale. Dass unsere Welt durch und von der Digitalisierung geprägt ist, ist unbestritten. Dennoch leben wir weder in einer komplett digitalen Welt noch gibt es eine eigenständige digitale Welt, die scheinbar getrennt von unserer Alltagswelt ist.

Es mag wie Wortklauberei erscheinen, aber beide Formulierungen haben durchaus unterschiedliche Bedeutungen und eine Differenzierung bzw. eine Entscheidung für einen der Begriffe erscheint sinnvoll, zumal wenn es darum geht, ein gemeinsames Verständnis von digitaler Bildung zu forcieren.

Mündigkeit braucht Grundlagenverständnis

Die Charta betont des Weiteren die Bedeutung digitaler Kompetenzen auf technischer, gesellschaftlich-kultureller und anwendungsbezogener Ebene, die bereits in allgemeinbildenden Schulen vermittelt werden müssen. Ferner sei Mündigkeit in unserer digital geprägten Gesellschaft nur durch ein Verständnis von deren Grundlagen und „die Befähigung zu ihrer aktiven Mitgestaltung“ möglich. Als Basis hierfür werden die „fachlich fundierte Vermittlung informatischer Bildung“ und „der Erwerb einer wissenschaftlich geprägten Medienkompetenz“ angesehen. Um die digitale Welt selbstbestimmt zu gestalten, müssen demzufolge drei Perspektiven ermöglicht werden:

  1. Technische Perspektive: Verständnis der Funktionalität
  2. Gesellschaftlich-kulturelle Perspektive: Verständnis der Wirkung
  3. Anwendungsbezogene Perspektive: Verständnis der Nutzung

Prominente Unterzeichner*innen

Die Liste der Unterzeichner*innen ist prominent besetzt. Vertreter*innen aus Politik, wie etwa Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation,Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen und Anke Domscheit-Berg, MdB, Netzpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Mitglieder von Initiativen und Verbänden (GI, D64, Start Coding etc.) und große Unternehmen (Fujitsu) haben den Aufruf unterzeichnet. Die Charta kann aber auch direkt auf der Webseite von privaten Bürger*innen unterzeichnet werden.

Webseite der Charta Digitale Bildung: https://charta-digitale-bildung.de/

Tobias Börner