Bildungsbots: Thema für die Schule?

Bildungsbots: Thema für die Schule?
27
Mrz

Wie wäre es, wenn man im Englischunterricht individuelle muttersprachliche Unterstützung erhielte? Oder wenn Hausaufgaben nicht mehr allein von der Lehrkraft kontrolliert werden müssten? Solche Szenarien liegen mit den Bildungsbots vielleicht näher als gedacht.

Bot ist die Kurzform für Roboter. Viele Bots leisten sehr sinnvolle Dienste, etwa Chatbots. Sie nutzen Künstliche Intelligenz (kurz: KI), um beispielsweise automatisierte Kundendienstlösungen anzubieten. Trotz der Vielzahl an Bots ist ihre Funktionsweise meist gleich. Sie sammeln viele Daten, die sie abspeichern. Sobald ein*e Nutzer*in mit einem Chatbot agiert, sucht dieser in seinem Datenspeicher nach passenden Antworten. Da mittlerweile sehr viele Menschen Chatbots nutzen, wird die Datenmenge immer größer. Für Chatbots ist dies wie ein intensives Training. Man nennt dies auch Big-Data-Analyse.

Chatbots im Kundenservice

Das Angebot an Chatbots wächst stetig. Sie unterscheiden sich vor allem darin, wie komplex die Künstliche Intelligenz ist, mit der sie arbeiten. Ein einfacher Chatbot beispielsweise reagiert auf bestimmte Schlüsselbegriffe. Fällt in einem schriftlichen oder mündlichen Chat ein solcher Schlüsselbegriff (z. B. »zahlen«), sucht der Bot automatisch nach einer passenden Antwort (z. B. »In unserem Shop haben Sie die Wahl zwischen folgenden Zahlungsmöglichkeiten: …«). Solche Chatbots werden mittlerweile von vielen Unternehmen auf ihren Websites eingesetzt.

Darüber hinaus gibt es sogenannte intelligente Assistenten: Das sind komplexe Formen von Chatbots, die wirklich realistisch kommunizieren. Ihr Alleinstellungsmerkmal: Sie sind nicht nur auf Schlüsselbegriffe trainiert, sondern haben viele Merkmale der menschlichen Kommunikation verinnerlicht. Das bedeutet, sie können etwa ein Gespräch beginnen und sich am Ende des Gesprächs verabschieden. Das Besondere an ihnen: Sie beherrschen das sogenannte Deep Learning, das heißt, sie lernen selbst dazu. Was Menschen ihnen schreiben, nehmen sie nicht nur zur Kenntnis, sondern werten es aus und merken es sich.

Zum Beispiel erinnern sich Siri oder Google Now an bereits gesuchte Routen und bieten automatisch eine Navigation zur Arbeitsstelle an. Kann ein Bot eine Frage nicht beantworten oder kennt er ein Thema nicht, merkt er sich das. Aus den eingespeisten Daten wird eine neue Lösungsmöglichkeit gebildet.

Chatbots erobern den Bildungssektor

Chatbots sind nicht nur für den Kundendienst, sondern auch für den Bildungssektor interessant. Ob Routinegespräche über alltägliche Fragen der Schüler*innen (z. B. »Welche Hausaufgaben habe ich heute in Deutsch auf?«) oder offene Fragen zu Unterrichtsinhalten (z. B. »Welche Schritte gehören zu einer Kurvendiskussion?«) – durch KI können Chatbots den Bildungssektor revolutionieren. Sie übernehmen je nach Ziel ganz unterschiedliche Aufgaben: Manche dienen dazu, vorgefertigte Informationen an ihre Nutzer*innen weiterzugeben, andere vermitteln Sprachkenntnisse und wieder andere übernehmen administrative Aufgaben und beantworten organisatorische Fragen.

So können Nutzer*innen der App Duolingo beispielsweise zum Sprachenlernen in Französisch, Englisch oder Spanisch kommunizieren. Bislang wird Duolingo nur genutzt, um ungezwungene Gespräche zu führen. Lernt der Chatbot jedoch, zukünftig auch während des Sprechens auf sprachliche Fehler zu reagieren und Feedback zu geben, dann wird er zu einem kompetenten Sprachentrainer. Ein anderes Beispiel sind Bots wie Virtualspirits. Hierbei handelt es sich um eine Plattform, auf der sich unter anderem Universitäten und Hochschulen ihren eigenen Bot erschaffen. Die Verantwortlichen der Hochschule loggen sich auf der entsprechenden Plattform ein und erstellen nach einem Baukastenprinzip einen Bot, der an ihre Bedürfnisse angepasst ist.

Einen Bot, der mehrere Potenziale für den Bildungsbereich in sich vereint, gibt es aktuell noch nicht. Betrachtet man die Summe der Potenziale, fällt aber schnell auf: Bots können Bildung auf verschiedene Weise bereichern.

Unmittelbares Feedback

Bots können unmittelbares Feedback auf eine Leistung geben. Dazu muss der Bot nicht nur mit Schrift, sondern auch mit Bildern und/oder Sprache umgehen können. Zusätzlich sammelt ein Bot die hochgeladenen Ergebnisse. So kann er die persönliche Entwicklung diagnostizieren und auch langfristige Unterstützung geben. Auch hier liegt der Vorteil auf der Hand: Jede*r Nutzer*in erhält individuelles, unmittelbares Feedback.

Lebensweltliche Motivation

Digitale Medien gehören zur Lebenswelt von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Einen Messengerdienst auf dem Handy zu nutzen, entspricht dem heutigen Alltag. Und auch Videotelefonie oder Instagram-Livevideos werden immer populärer. Dies hat viele Vorteile: Die Lernenden fühlen sich ernst genommen, sind motivierter und ihre Lernbereitschaft wächst.

Bots und ihre Grenzen

Gegenwärtig kommen immer mehr »Baukästen« für Bots auf den Markt, mit deren Hilfe Lehrkräfte oder Ausbildungsleiter*innen eigene Chatbots mit Inhalten füllen lassen. So können bereits erste Klassenbots im Sinne von Virtualspirits erstellt werden. Ein einfaches Beispiel für Chatbots sind sogenannte LearningSnacks. In einem simplen Editor können hier Frage-Antwort-Schemata zu frei wählbaren Themen programmiert werden. Auch Bilder und Umfragen sind integrierbar.

Diese Angebote kommen im Moment jedoch noch schnell an ihre Grenzen. Das Problem: Bestehende Bots decken nur einen kleinen Bereich von Schule, Aus- oder Weiterbildung ab. Viele Bots sind nur für ein bestimmtes Schulfach nutzbar (z. B. Chatbot Miao für Mathematik). Auch Bots, die es ermöglichen, selbst Informationen einzuspeisen, können nicht flexibel genutzt werden. Denn gegenwärtig lassen sich Inhalte nur sehr aufwändig in die App transformieren.

Bots haben Zukunftspotenzial

Um Bots flexibel nutzen zu können, sind technische Weiterentwicklungen erforderlich. Denn gerade für die schulische Aus- und Weiterbildung bergen Bots großes Potenzial. Wünschenswert sind Bots, die mehrere Funktionen in sich vereinen. Wer Schwierigkeiten bei einem mathematischen Problem hat, lädt im Bot ein Foto der Formel hoch und erhält Hilfe. Wer sich auf die mündliche Französischprüfung vorbereiten möchte, nutzt hierfür ebenfalls den Bot. Als solche multimodalen intelligenten Assistenten könnten Bots bald schon einen festen Platz im Bildungssektor einnehmen.

Prof. Dr. Julia Knopf, Johanna Mosbach, Jannick Eckle, Universität des Saarlandes, Saarbrücken