Die Große Koalition ist unter Dach und Fach. Nach langer Ungewissheit, zähen Verhandlungen und dem SPD-Mitgliedervotum, soll am Montag der Koalitionsvertrag unterschrieben werden. Zu den Kernthemen des letztjährigen Wahlkampfs gehörten auch die Digitalisierung und die digitale Bildung. Zwischenzeitlich war sogar von einem eigenen Digitalministerium die Rede. Doch welche Maßnahmen finden sich schlussendlich im Koalitionsvertrag? Wir haben einmal einen Blick darauf geworfen.
„Wir wollen die kreativen Potenziale in Deutschland mobilisieren und die Chancen der Digitalisierung nutzen“
(Präambel Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, S. 4)
Staatssekretärin statt Digitalministerium
Zunächst einmal so viel: Von der Idee eines Digitalministeriums hat man sich verabschiedet. Vielmehr wird es mit der CSU-Politikerin Dorothee Bär erstmals eine Staatssekretärin für Digitales im Kanzleramt geben. Letztere hatte sich im Wahlkampf selbst noch für die Einführung eines neuen Ministeriums ausgesprochen. Die Twitter-affine Politikerin steht vor einer Mammutaufgabe: ohne großes Budget und umfangreichen Mitarbeiterstab, obliegt es ihr, die drei Ministerien, die sich derzeit die Digitalpolitik teilen, zu koordinieren. Dabei handelt es sich um das Innenministerium, das Verkehrs- sowie das Wirtschaftsministerium.
Nationaler Bildungsrat
Zur Verbesserung der Bildungschancen im ganzen Land und um eine höhere Vergleichbarkeit zwischen den Ländern zu ermöglichen, soll ein Nationaler Bildungsrat eingerichtet werden. Dieser soll Vorschläge zu den beiden genannten Punkten sowie zur Qualitätssteigerung und höheren Transparenz im Bildungswesen erarbeiten. Darüber hinaus ist es seine Aufgabe, „dazu bei[zu]tragen, sich über die zukünftigen Ziele und Entwicklungen im Bildungswesen zu verständigen und die Zusammenarbeit der beteiligten politischen Ebenen bei der Gestaltung der Bildungsangebote über die ganze Bildungsbiographie hinweg zu fördern.“
DigitalPakt#D wird umgesetzt
Der ins Stocken geratene DigitalPakt#D, der noch von der scheidenden Bundesbildungsministerin Johanna Wanka konzipiert und angekündigt wurde, wird nun final umgesetzt. Die darin vorgesehenen Investitionen in Höhe von fünf Milliarden Euro werden in der jetzigen und der kommenden Legislaturperiode getätigt. Ziel sei es, „Schülerinnen und Schüler besser auf das Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorbereiten und zugleich das Lernen in der Schule verbessern und modernisieren.“ Dafür sei eine „flächendeckende digitale Ausstattung aller Schulen“ vonnöten. Was diese konkret beinhalten soll, wird indes nicht präzisiert.
Um die Infrastrukturmaßnahmen in Anspruch nehmen zu können, müssen die Bundesländer im Gegenzug die erforderliche Qualifikation der Lehrenden gewährleisten. Hierfür wird die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern fortgesetzt und um einen Digitalisierungsschwerpunkt ergänzt. In der Investitionssumme sind außerdem Mittel für die Schaffung einer gemeinsamen Bildungscloud enthalten, wie sie bereits vom Hasso-Plattner-Institut entwickelt wird. Diese soll offene Schnittstellen für bereits bestehende Cloudlösungen beinhalten (bspw. die Bildungscloud Baden-Württembergs).
Förderung von OER-Materialien
Im Rahmen einer OER-Strategie will die zukünftige Bundesregierung zudem die Entstehung und Verbreitung fundierter Lernmaterialien fördern. Wie dies genau geschehen soll, wird nicht näher ausgeführt. Lediglich von einer „geeigneten Qualitätssicherung“ ist die Rede. Ähnlich verhält es sich mit der Etablierung regionaler Kompetenzzentren, die sich mit bestehenden Akteuren vernetzen und technisches und pädagogisches Know-how vermitteln sollen.
Neben der Bedeutung von digitaler Bildung im schulischen Alltag, wird auch die Wichtigkeit von außerschulischen Digitalbildungsprojekten betont. Diese sollen gefördert und mit Hilfe eines jährlichen Wettbewerbs ausgezeichnet werden. Auch hier wird nicht darauf eingegangen, wie diese Zielsetzung konkret umgesetzt werden soll.
Das Kooperationsverbot fällt
Mit Ausnahme der CDU/CSU haben sich alle Parteien im Wahlkampf für eine Abschaffung des Koalitionsverbots ausgesprochen. Dieser Forderung wird im Koalitionsvertrag Rechnung getragen. Hierfür wird der Begriff „finanzschwach“ aus Artikel 104c des Grundgesetzes gestrichen. Die Länder sollen jedoch die Kultushoheit behalten, sind also auch weiterhin für die Bildungspolitik zuständig.
Fazit
Die im Koalitionsvertrag beschlossenen digitalen Bildungsmaßnahmen gehen in die richtige Richtung. Eine umfangreiche Förderung der technischen Infrastruktur an Schulen ist überfällig. Auch die Abschaffung des Kooperationsverbots ist ein wichtiger Schritt für zukünftige Investitionen. Viele Maßnahmen bleiben allerdings zu unkonkret. Weder die genaue Zusammensetzung des neu geschaffenen Nationalen Bildungsrates noch die Details der Infrastrukturinvestitionen werden erläutert. Daher bleibt abzuwarten, wie die beschlossenen Maßnahmen in die Tat umgesetzt werden.
Den kompletten Koalitionsvertrag als PDF-Datei findet ihr hier.
Tobias Börner