Scrum im Klassenzimmer

Scrum im Klassenzimmer
29
Jun

In den letzten Jahren sind agile Projektmanagementmethoden immer wichtiger geworden. Sie steigern die Effizienz und motivieren die Teammitglieder zu Höchstleistungen. Zeit also, sie aus der Wirtschaft auf die Schule zu übertragen. Dieser Beitrag zeigt, wie nach der Scrum-Methode im projekthaften Unterricht gearbeitet werden kann.

Ein Beitrag von Simone Dietsche

Scrum ist tatsächlich kein neumodisches Akronym aus der Wirtschaft, sondern kommt ursprünglich aus dem Sportbereich, genauer aus dem Rugby. Im Rugby gibt es eine Spielmethode, bei der die Spieler*innen im »dichten, angeordneten Gedränge» versuchen, den hereingeworfenen Ball auf ihre Seite zu bekommen. Die Zusammenarbeit der einzelnen Spieler*innen eines Teams ist hierbei das Wichtigste – und führt zum erfolgreichen Ballbesitz. Dies kann hervorragend auf die Projektarbeit im Klassenzimmer übertragen werden. Doch wie genau funktioniert die Scrum-Methode?

„Product Owner” bestimmen

In jedem Projekt gibt es eine verantwortliche Person für das Endprodukt, die die Produkteigenschaften festlegt. Diese Aufgabe übernehmen die Lehrkräfte.
Je nach Projekt sind sie zusätzlich
verantwortlich für die Priorisierung der Inhalte nach dem Lehrplan, nach Lernzielen, nach dem Lebensweltbezug oder nach der Aktualität. Da die Lehrkräfte das Produkt am Ende bewerten müssen, werden die Anforderungen zur Bewertung den Schüler*innen transparent dargelegt. Die Lehrkräfte stellen das Projekt innerhalb eines »Pitches« vor. Anschließend erhalten die Schüler*innen eine Liste der Lernziele, der Lerninhalte und/oder einen Anforderungskatalog. In der Praxis spricht man von einem »Product Backlog«. Darin werden die Anforderungen an das Produkt aufgelistet. Mit Darlegung der Punkteaufteilung können die Anforderungen priorisiert werden.

„Scrum Master” bestimmen

Zudem gibt es in jedem Projekt eine verantwortliche Person, die überprüft, ob die Regeln der Zusammenarbeit eingehalten werden. Sie beseitigt Hindernisse
und unterstützt bei Problemen der
Zusammenarbeit. Diese Aufgabe können ebenfalls die Lehrkräfte übernehmen. Ist die Gruppe mit der Scrum-Methode vertraut, können auch die Schüler*innen die »Scrum Master«-Rolle übernehmen. Die Scrum Master fungieren als »Lerncoach*innen«. Von Vorteil ist eine Thematisierung des Scrum-Ablaufs zu Beginn der Einheit und eine visuelle Ausarbeitung von positiv formulierten Regeln.

Schüler*innen in „Entwicklungsteams” einteilen

Die Entwicklungsteams arbeiten nun selbst organisiert an der Umsetzung der Anforderungen aus dem »Product Backlog«. Die Teams sollen möglichst divers mit unterschiedlichen Talenten besetzt sein.

Beispielprojekt: Prüfungsvorbereitung mit Scrum

So läuft die Prüfungsvorbereitung nach der Scrum-Methode ab:

  1. Lerngruppen werden gebildet.
  2. Vorhergehende Abschlussprüfungen werden gesichtet und ein Backlog mit Lerninhalten wird erstellt.
  3. Die Inhalte des Backlogs werden nach Relevanz der Wiederholung einzelner Themen geordnet. Hierzu wird das Planning-Poker angewendet.
  4. Die Tasks werden formuliert: Wiederholung der Lerninhalte, Erstellung von Lernkarten und Bearbeitung von Prüfungsaufgaben.
  5. Die »Sprints« werden geplant und die Tasks werden in »Sprint«-Einheiten aufgeteilt.

Planning Poker – So geht`s:

Jedes Teammitglied erhält Karten mit Zahlenwerten und einige Sonderkarten. Das Spiel dient zur Abschätzung des Aufwands für die einzelnen Arbeitspakete. Der Vorteil ist, dass hier auch ruhigere Teammitglieder »zu Wort« kommen. Das folgende Video erläutert, wie gespielt wird:

Das Spiel gibt es auch digital:

»Sprints« und »Tasks« planen

Ziel soll es nun sein, dass die Teams einzelne Aufgabenpakete schnüren, die sogenannten Tasks. Diese werden in festgelegten Arbeitsphasen, den »Sprints«, erledigt. Ein Sprint kann dabei die Länge einer Unterrichtsstunde oder einer Doppelstunde haben. Innerhalb jeder Sprint-Einheit findet ein »Daily Scrum« statt. Dies ist ein kurzes, etwa zehnminütiges Meeting des Teams, in dem der aktuelle Arbeitsstand und mögliche Probleme/Lösungen zum bisherigen Arbeitsprozess diskutiert werden. Fragen für den »Daily Scrum« können sein:
Was habe ich seit dem letzten Daily erreicht?
Was nehme ich mir heute vor?
Welche Probleme traten auf? Was hinderte mich an der Arbeit?

Kanban Board erstellen

Innerhalb der Sprints arbeiten die Teams ihre Tasks ab. Ein Kanban Board visualisiert die Fortschritte. Hier sind die Tasks in »To do«, »Doing« und »Done« eingeteilt. Hierfür kann auch die kostenlose, DSGVO-konforme Website pinnet.eu verwendet werden: Ohne Anmeldung können passwortgeschützte Oberflächen entwickelt werden, die mit Pinnwandkarten gefüllt werden können. Über einen Link zum Board können mehrere Schüler*innen daran kollaborativ arbeiten.

Rückblickend beurteilen

Am Projektende soll diskutiert werden, was bei der Arbeit im Team förderlich und hinderlich war. Das Ziel soll sein, Verbesserungen für zukünftige Projekte herauszuarbeiten.

Fazit

Die Scrum-Methode schafft für die Schüler*innen eine gleichbleibende Struktur im Unterricht mit festen Regeln. Scrum soll den Schüler*innen aufzeigen, dass eine stetige Überprüfung der Ergebnisse, das häufige Einholen von Feedback und daraufhin die Anpassung und Weiterplanung der Vorgehensweise zu einem effektiveren Erreichen des Arbeitsergebnisses führt. Hierzu müssen auch die Lehrkräfte eine positive Fehlerkultur im Unterricht zulassen. In der Berufsschule kann die Methode zudem zur Erhebung der Projektkompetenznote genutzt werden. Denn es wird ebenfalls eine Vielzahl an sozialen Kompetenzen gefördert.

© Beitragsbild | Pixabay – Kate Baucherel