Die chinesische Social-Media-Plattform TikTok hat sich zu einem der beliebtesten sozialen Netzwerke unter den 16-24-Jährigen entwickelt. Allein in Deutschland nutzen mehr als 11 Millionen User*innen die Plattform, um sich kurze Videoclips anzusehen. Doch neben unterhaltsamen Inhalten finden sich immer mehr Bildungsangebote auf TikTok. Insbesondere, was die politische Bildung angeht.
TikTok als Nachrichten-Plattform
Wie wichtig TikTok als Social-Media-Kanal geworden ist, zeigt auch die Tatsache, dass die Tagesschau dort ein eigenes Profil betreibt. Rund 1,3 Millionen User*innen folgen dem TikTok-Account von Deutschlands beliebtester Nachrichtensendung. Dort erläutert ein dreiköpfiges Team in kurzen Clips anschaulich Themen wie die Schleswig-Holstein-Wahl, die Situation der Uigur*innen in China oder das Aufkommen der Affenpocken.
Doch politische Inhalte und politische Bildung finden auch auf anderen TikTok Accounts statt. Das politische Potenzial der Plattform wurde Vielen im letzten US-Präsidentschaftswahlkampf bewusst: Im Vorfeld einer Wahlkampfveranstaltung Donald Trumps verabredeten sich auf TikTok User*innen alle verfügbaren Tickets zu buchen, sodass der Kandidat vor leeren Rängen auftrat.
Kurzvideos als Chance
TikTok ermöglicht es seinen Mitgliedern, kurze Videos von maximal einer Minute Länge zu veröffentlichen. Dabei liegt in der zeitlichen Begrenzung auch ein großes kreatives Potential. Denn wer um die Kürze weiß, kann sie als kreatives Potenzial einsetzen. Ein Einminutenvideo folgt eigenen dramaturgischen Regeln. Präzision und inhaltliche Verdichtung sind notwendig, um die gewünschte Botschaft klar zu vermitteln.
Das gilt insbesondere im Bereich der (politischen) Bildung. Wie dies funktionieren kann, zeigt Nina Poppel. Die Journalistin betreibt den TikTok-Kanal „nini_erklaert_politik„, der über mehr als 111.000 Follower*innen verfügt. In ihren Clips erklärt sie unter anderem, wie eine Impfpflicht funktionieren würde und interviewt unter anderem eine Diplomatin, um deren Beruf vorzustellen. Poppel unterscheidet zwischen neutralen und Meinungsbeiträgen, die sie auch als solche kennzeichnet.
Weniger Fake News
Die Plattformarchitektur von TikTok macht die Erstellung und Zirkulation von Fake News zudem schwerer. Was nicht heißen soll, dass diese dort nicht auch existierten. Allerdings können User*innen Posts nicht einfach Teilen wie beispielsweise bei Twitter. Um einen Post in eine Antwort miteinzubeziehen, muss ein neues Video gedreht werden.
Hierfür eignet sich die Duett-Funktion. Damit wird die Reaktion auf einen Clip dem Ursprungsvideo gegenübergestellt. Es entsteht also eine Kausalkette in der sichtbar wird, wer auf wen reagiert. Dies kann sehr sinnvoll sein, um verschiedene Positionen abzubilden und den Meinungsfindungsprozess zu verdeutlichen. Die Funktion wird auch häufig genutzt, um andere Videos zu kontextualisieren oder auf Fehler und Falschinformationen aufmerksam zu machen.
TikTok als Politikum
Neben den Möglichkeiten, politische Bildung auf der Plattform zu betreiben, ist TikTok nicht zuletzt selbst ein Politikum. Das chinesische Unternehmen ByteDance, das hinter TikTok steht gibt sich zwar als unpolitisch. In den ersten Jahren seit Bestehen des Netzwerks gab es aber immer wieder Vorwürfe, Videos, die der Politik Chinas nicht entsprachen, seien gelöscht worden. Inzwischen fördert TikTok politische Bildung auf der Plattform mit dem Programm „Lernen mit TikTok“. Dennoch sollte auch hier, wie bei allen Social-Media-Plattformen, die Eigentümerstruktur im Blick behalten werden.
Gerade für den Wirtschafts- und Politikunterricht kann die Analyse von TikTok ergiebig sein. Nicht zuletzt, weil das Unternehmen während der Trump-Präsidentschaft in amerikanische Kontrolle übergehen musste, um in den USA überhaupt bestehen zu bleiben.