Optimale Lernmanagementsysteme

Optimale Lernmanagementsysteme
20
Mai

Während sich eine Onlineplattform überwiegend auf Kommunikation und Cloudspeicher zum Bereitstellen von Materialien und organisatorischen Dingen wie einen Kalender fokussiert, liegt der Schwerpunkt eines Lernmanagementsystems, kurz LMS, darauf, den Schüler*innen das Organisieren ihres Lernens mit Wochenplänen, Kompetenzrastern, Peer-Feedback, Kollaboration und anderen pädagogisch wichtigen Dingen zu ermöglichen.

Vorteile von LMS

Der wichtigste Unterschied ist also der, dass ein LMS über das Bereitstellen von Informationen und Material hinausgeht. Richtig eingesetzt, kann es Lehrkräfte stark entlasten. Es ermöglicht zudem asynchrones Lernen, was nicht nur in Distanz- oder Fernunterricht benötigt wird. Freie Lernzeiten werden an Schulen, an denen ein LMS eingerichtet ist, in der Regel komplett über dieses organisiert. Auch Vertretungsstunden stellen kein großes Problem im Schullalltag mehr dar. Denn Schüler*innen, die mit dem LMS vertraut sind, finden dort ihrem Lernstand entsprechend Aufgaben. Lernmanagementsysteme sind webbasiert und User*innen benötigen lediglich ein internetfähiges Gerät sowie einen aktuellen Browser zur Nutzung.

LMS für Schulen sind rar

Auf kurz oder lang wird ein LMS an Schulen zur Standardausrüstung gehören. Das Problem ist jedoch, dass die meisten verfügbaren LMS weder von noch für pädagogische Einrichtungen programmiert und ausgelegt wurden. Sucht man nach pädagogisch orientierten LMS, schränkt sich der Kreis ein. Sucht man nach LMS, die von pädagogischen Kräften oder aus schulischer Sicht heraus entwickelt wurden, wird die Auswahl noch kleiner. Neben dem großen bekannten System Moodle (Moodle feiert im kommenden August seinen 20. Geburtstag!) sind in den letzten Jahren unter anderem die Plattformen DiLer und IServ dazugekommen. DiLer wurde von einer Schule entwickelt, IServ entstand aus einem Schülerprojekt. Beide haben sich am Markt etabliert und werden an vielen Schulen teils weltweit eingesetzt!

Auf welche Punkte sollte man achten?

Da die Hersteller dieser Plattformen natürlich versuchen, den Schulen das Bestmögliche zu bieten, sind die Funktionen inzwischen vielfältig. Daher lassen sich Onlineplattformen nicht mehr eindeutig von LMS abgrenzen. Wichtig ist, dass Schulen sich genau überlegen, welche Funktionen sein müssen (must have), welche sein könnten (nice to have) und auf was man verzichten könnte. Drei Bereiche sollten bei der Entscheidung untersucht werden.

1. Die Technik

Bei der Technik wird in On-Premise- (Server vor Ort) und cloudbasierte Lösungen unterschieden. Ein Richtig oder Falsch gibt es nicht, beide Systeme haben Vor- und Nachteile. Habe ich bei einer On-Premise-Lösung Anschaffungskosten für den Server, so kommen bei einer cloudbasierten Lösung kosten für das Hosting hinzu. Zu beachten ist, dass eine cloudbasierte Lösung auf einem sehr performanten Webserver installiert sein muss. Es gibt Schulsituationen, bei denen je nach Schulgröße 200 bis 500 Schüler*innen gleichzeitig auf die Plattform zugreifen werden. Das leidige Thema DSGVO ist mit einer On-Premise-Lösung, die von einem professionellen Dienstleister installiert wird, normalerweise weniger ein Problem. Bei webbasierten Anwendungen hingegen ist dies ein wichtiger technischer Punkt. Hier auf Open Source zu setzen, ist daher sicher eine gute, vielleicht sogar die richtige Entscheidung.

2. Anschaffung und Finanzierung

Neben den Kosten, die beim Einrichten eines LMS entstehen (Erstinstallation, Schulung der Kollegien etc.), sind die laufenden Kosten zu beachten, die im Bildungsbereich absolut transparent sein sollten, etwa in Form von öffentlich einsehbaren Lizenzmodellen. Die anfallenden Kosten sind bei den meisten Anbietern ähnlich: Es gibt einen Grundbetrag plus die Anzahl der Lizenzen (i. d. R. Anzahl der Schüler*innen). Für Schulen ebenfalls wichtig: Ist Support in diesen Kosten inkludiert? Egal, ob klassische Plattform oder LMS: Sie müssen vorhandene schulische Prozesse vereinfachen, ergänzen und erweitern. Es ist zwingend notwendig, dass die Systeme an die Schule angepasst werden können. Vorhandene Prozesse der Schule an die vorgegebene Struktur eines Systems anzugleichen, kann in den Kollegien für großen Unmut sorgen.

3. Was ist pädagogisch wichtig?

Entgegen der Meinung vieler Kritiker*innen solcher Systeme sollen Lernstände in LMS nicht dokumentiert werden, um zu kontrollieren. Vielmehr soll die Dokumentation der erarbeiteten Aufgaben in Qualität und Quantität dokumentiert werden, um Schüler*innen individuell zu fordern und fördern. Des Weiteren können dadurch Lernrückstände sichtbar gemacht werden, was gerade bei Distanzlernen eine große Rolle spielt.

Ein passendes LMS finden

Wie also können Sie vorab herausfinden, welches LMS bestmöglich auf Ihre Schule zugeschnitten ist? Einfach gesagt: Begehen Sie nicht den klassischen Fehler und entscheiden sich für ein System und überlegen dann, wie es eingesetzt wird. Mein Tipp: Legen Sie Kriterien für sich und Ihre Schule fest, die ein LMS haben muss, und begeben sich dann auf Suche. Geben Sie etwa einer Steuergruppe Ihrer Schule die Möglichkeit, einige LMS zu vergleichen und zu testen. Eventuell bringt Sie auch der Besuch an einer Schule, die bereits LMS einsetzt, weiter. Eruieren Sie dann genau, welches LMS bereits von Haus aus die meisten Schnittstellen mit Ihren vorhandenen Konzepten mitbringt und wie einfach es sich an Ihre Schule anpassen lässt.

Jan Albrecht studierte die Fächer Deutsch, Chemie und Informatik für das Lehramt an Realschulen und wechselte nach neun Jahren Schuldienst im Jahr 2016 auf eigenen Wunsch an eine Gemeinschaftsschule. Dort initiierte er das Projekt iPad 1:1 und eine digitale Lernplattform.