Der Einsatz (selbst)erstellter Lernvideos ist bei einigen Lehrkräften bereits länger etabliert. Die veränderte Unterrichtssituation durch Corona bringt Lernvideos zusätzliche Aufmerksamkeit. Hier ein paar Tipps und Tricks für den Start.
Corona, Distance Learning und geteilte Klassen haben bei vielen Lehrkräften zu einer neuen Sichtweise auf das Thema Lernvideos geführt. Ehemals theoretische Einsatzszenarien sind plötzlich Realität und der Sinn des Einsatzes von Lernvideos erschließt sich besser. Es ist daher an der Zeit, dass Kolleg*innen, die Erfahrung in der Lernvideoerstellung besitzen, ihre Expertise mit den »Neuen« teilen. Doch wo soll man konkret ansetzen?
Eine kleine Investition in die Grundausstattung lohnt sich
Ein Videodreh ist mittlerweile niederschwelliger denn je. Es reichen bereits ein Smartphone oder eine Actioncam und eine kostenfreie App, um gute Ergebnisse zu erzielen. Zusätzlich kann mit kleinen Investitionen in Technik, Licht und Ton die Qualität von (Real-)Videos verbessert werden. Auch ein Blick auf die Software lohnt sich. Die ersten Anschaffungen neben dem Aufnahmegerät sollten ein Stativ, ein Mikrofon und zwei Leuchten sein.
Bei versierteren Anwendern kann sich ein Umstieg von simplen Schnittprogrammen wie dem Windows MovieMaker oder iMovie auf komplexere und flexiblere Schnittsoftware wie Final Cut Pro oder Adobe Premiere lohnen. Hier sind erste Erfolge jedoch mit Lernaufwand verbunden.
Videoarten je nach Lerninhalten variieren
Nicht jeder Inhalt lässt sich auf die gleiche Art optimal darstellen. Bei variierenden Inhalten sollten auch die Arten der Videos variieren. So lässt sich etwa die Klassifikation von Lebewesen in der Biologie gut mit einem Erklärvideo abbilden. Für die Darstellung der Lebensweisen eines bestimmten Lebewesens dagegen bietet sich eher ein Realvideo an. Es ist gut, einen Überblick über verschiedene Arten von Videos zu haben und diese sinnvoll einzusetzen.
Neben den Darstellungsformen von Realvideos (Interview, Statement, »Über die Schulter« etc.) gibt es verschiedene Arten von Erklärvideos, die leicht erstellt und im Lernkontext gut anwendbar sind. Oft gibt es für den Bildungsbereich spezielle, kostengünstige Lizenzmodelle.
Kleine Kniffe in der filmischen Gestaltung erhöhen die Wirkung
Durch Ausprobieren und Abgucken gelingen selbsterstellte Lernvideos recht gut. Gerade bei Realvideos lässt sich die Bildwirksamkeit verbessern, wenn man verschiedene filmische Gestaltungsaspekte wie Perspektive und Einstellungsgröße beachtet. So kann ernsten Botschaften durch die Verwendung einer Froschperspektive Nachdruck verliehen werden; eine »bedrohlich« wirkende Aussage kann durch eine Vogelperspektive relativiert werden.
Durch die Wahl der richtigen Einstellungsgröße kann beeinflusst werden, wie das Video Informationen transportiert. In der Detailaufnahme von Gesichtern ist es zum Beispiel möglich, Botschaften durch Mimik zu verstärken, in der Halbtotalen hingegen kann man Gestik besser wirken lassen.
So kann der Lernerfolg sichergestellt werden
Es gibt viele Möglichkeiten für den Einsatz von Videos. Allerdings sollte man dabei zwei wichtige Aspekte nicht vergessen. Videos bieten zwar die Möglichkeit, komplexe Inhalte und viele Informationen multimedial aufzubereiten und in ein kompaktes Format zu bringen. Dennoch kann dies zu einer kognitiven Überforderung bei Lernenden führen; immerhin sind die Informationen enorm komprimiert.
Zudem ist das Rezipieren von Videos ein passiver Prozess, während das (konstruktivistische) Lernen selbst ein aktiver Prozess sein sollte. Dadurch kann es beim Einsatz von Lernvideos passieren, dass der gewünschte Lernerfolg nicht erzielt wird. Methodische Ansätze wie der Flipped Classroom versuchen zwar, die rezipierten Inhalte im nächsten Schritt in die praktische Anwendung zu bringen, um sie zu vertiefen.
Der zeitliche Abstand zwischen der Aufnahme des Lerninhalts und der praktischen Anwendung kann dabei aber zu groß sein. Beidem kann man begegnen, indem man folgende zwei Tipps beherzigt:
1. Filme nach dem KISS-Prinzip entwickeln: »Keep it simple, stupid.« Dieses Prinzip besagt, dass man zu Problemen allgemein möglichst einfache Lösungen anstreben soll. So verhält es sich auch in Videos: Komplexe Sachverhalte sollten möglichst einfach (und kurz) dargestellt werden.
2. Das Zeigen von Videos immer mit begleitenden Aufgaben verbinden, vielleicht auch als Gruppenarbeit. So wird der Fokus auf wichtige Inhaltsaspekte bereits während des ersten Ansehens gesetzt, nicht erst in der anschließenden Anwendungsphase. Der Videorezeptionsprozess sollte möglichst aktiv, idealerweise sogar interaktiv gestaltet werden.
Fazit
Lernvideos sind starke Lernmedien und erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Neben dem Einsatz als »einfaches« Lernmedium tun sich immer neue Einsatzszenarien auf, etwa Lernen durch Lehren, also das Erstellen von Lernvideos durch Lernende. Trotz des bereits erschlossenen Potenzials haben Lernvideos im Bildungsbereich eine große Zukunft.
Andy Lüdemann entwickelt für Unternehmen und Bildungseinrichtungen Konzepte für den Einsatz digitaler Medien in Lehr-, Lern- und Arbeitsprozessen. Darüber hinaus unterstützt er staatliche und gemeinnützige Institutionen im Bereich der Medienbildung.