Fortbilden im digitalen Wandel

Fortbilden im digitalen Wandel
22
Jun

Mit dem DigitalPakt Schule stehen durchaus Geldmittel für den digitalen Wandel an Schulen zur Verfügung. Die immer umfangreichere und schneller fortschreitende Digitalisierung benötigt zusätzlich ein begleitendes Fortbildungskonzept an Schulen. Wie das aussehen kann, zeigt das Erich-Gutenberg-Berufskolleg in Köln.

Fortbildungs-, Evaluations- und Supportkonzepte sind heutzutage wesentliche Eckpfeiler von Medienkonzepten. Das Erich-Gutenberg-Berufskolleg (EGB) hat bereits lange vor der Einführung der verschiedenen Förderprogramme durch Bund und Land ein Fortbildungskonzept entwickelt. Neben Lehrer:innen dienen Schüler:innen und Auszubildende hierbei als Multiplikator:innen und geben ihr digitales Know-how an andere Schüler:innen und Lehrkräfte weiter.

Dies ist für alle eine völlig neue Erfahrung. Die Schüler:innen und Auszubildenden entwickeln eigene pädagogische und soziale Kompetenzen weiter, die ihnen auch im zukünftigen Berufsleben gute Voraussetzungen bieten können. Zudem reflektieren sie die Rollen ihrer Lehrer*innen und Ausbilder*innen. Das Fortbildungskonzept besteht aus mehreren Stufen:

  1. Ein Admin-Team und eine digitale Steuergruppe (beide bestehend aus Lehrkräften) schulen Lehrkräfte
  2. Schüler:innen und Lehrkräfte schulen Schüler:innen und Lehrkräfte im eScouts-Projekt
  3. Schüler:innen schulen Schüler:innen im P@P-Projekt
  4. Schüler:innen und Lehrkräfte schulen Schüler:innen, Lehrkräfte und Partner:innen im Projekt my eWorld
  5.  Externe Anbieter schulen Schüler:innen und Lehrkräfte

Fortbildung in fünf Stufen

Bei den ersten vier Stufen handelt es sich um interne Fortbildungen mit eigenen Moderator*innen (Lehrkräfte, Schüler*innen oder Teams der Schule). Die Vorteile dafür sind offensichtlich: Interne Fortbildungen können individuell an die Bedürfnisse des Kollegiums angepasst werden – Lehrkräfte werden dort abgeholt, wo sie stehen. Terminlich können die Fortbildungen dann angesetzt werden, wenn sie benötigt werden, ohne langen organisatorischen oder zeitlichen Vorlauf.

Der einzige Stolperstein besteht in der Vorgabe des Ministeriums, dass es durch Fortbildungen nicht zu einem Unterrichtsausfall kommen darf. Das hat zur Konsequenz, dass Fortbildungen nur außerhalb der Schulzeit stattfinden und viele Kolleg*innen durch familiäre oder private Termine an den Fortbildungen nicht teilnehmen können.

Die fünfte Stufe des Fortbildungskonzepts, die klassischen Fortbildungen externer Anbieter, wird gebündelt in einem eigenen Kommunikationskanal der Lernplattform Office 365 angeboten, um eine hohe Transparenz und einen schnellen Zugang für das Kollegium zu bieten. Diese Lernplattform steht dem EGB kostenlos zur Verfügung und ist für alle Bildungsgänge eingerichtet.

Das Admin-Team und die digitale Steuergruppe

Das Admin-Team (sieben Personen) und die digitale Steuergruppe (zehn Personen) des EGB bieten einmal im Monat eine Kollegiumsfortbildung zu einem speziellen Thema an, etwa Arbeiten mit Office 365, Arbeiten mit BYOD-Klassen (Bring Your Own Device) oder Arbeiten mit dem didaktischen Wizard, einer Arbeitsumgebung, bei der das Kollegium die Umsetzung der Rahmenlehrpläne in den Schulalltag entwickelt. Anregungen aus dem Kollegium werden aufgenommen und als Fortbildung oder Workshop umgesetzt.

Durch die Angebote des AdminTeams kann das EGB schnell Defizite im Rahmen der Medienkompetenz auffangen und zeitnah ausgleichen. So können sich die Kolleg*innen bei den externen Fortbildungsangeboten auf die Auswahl und Wahrnehmung didaktischer, unterrichtsbezogener Kurse konzentrieren.

Im September 2017 wurde am EGB beispielsweise ein pädagogischer Ganztag zum Thema digitales Lernen und Lehren organisiert, an dem für das Kollegium insgesamt 33 Workshops unterschiedlichster Art und Tiefe angeboten wurden. Für die Schule besonders bedeutsam war, dass die Moderation fast aller Workshops mit Lehrkräften des EGB durchgeführt werden konnte.

eScouts

Die eScouts sind eine Projektgruppe, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die digitalen Möglichkeiten unserer Schule zielführend zu nutzen und das geschulte Wissen an Interessierte weiter zu vermitteln. Es können klassenweise Infomodule (z. B. soziale Netzwerke, Internetsicherheit/-recht, Virtual Reality (VR)/Augmented Reality (AR), Robotik) gebucht werden.

Diese Infomodule sind ebenfalls für interne Lehrerfortbildungen und interessierte Ausbildungsbetriebe/Eltern zugänglich. Die Kolleg*innen der BYOD-Klassen werden zu Schuljahresbeginn in der Einführungsphase unterstützt und können die eScouts als (digitale) Lernpat*innen für neue Schüler*innen einsetzen. Das Projekt war Preisträger im DigiYou-Wettbewerb 2018.

P@P – Pänz an die PCs

Pänz ist ein kölsches Wort und steht für Kinder. In unserem Projektmodell Pänz an die PCs (P@P) führen Berufsschüler*innen, die ihre berufliche Ausbildung zu IT-Systemkaufleuten oder Informatikkaufleuten absolvieren, Grundschüler*innen der benachbarten Grundschule in die Welt der digitalen Medien ein.

Die Grundschüler*innen haben in der Regel einen Migrationshintergrund, stammen aus einem sozialen Brennpunkt und besitzen zu Hause keine oder völlig veraltete Geräte. Jedem Grundschüler und jeder Grundschülerin steht bei diesem Projekt ein »Pate« oder eine »Patin« zur Seite. Das Projekt ist sehr erfolgreich und hat bereits einige Preise gewonnen, so etwa den Ehrenamtspreis der Stadt Köln.

my eWorld

my eWorld ist als Mischung zwischen Fortbildung, Workshop und Vortrag gedacht und diskutiert in einem Miteinander verschiedene Themen. Das Konzept wird durch ein heterogenes Team aus dem Kollegium, auch gerne mit Schüler*innen oder Auszubildenden, erarbeitet und vorgetragen. Die Reihe wiederholt sich zyklisch – zum einen um sich an aktuelle digitale und gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen, zum anderen um weitere Kolleg*innen und externe Partner einzubinden.

Ein Ziel von my eWorld ist es Schüler*innen, Lehrkräften und Partnern die Möglichkeit zu geben, sich auf die digitale Zukunft und die Gesellschaft einzustellen, in der und mit der sie leben werden. Doch eine Digitalkompetenz allein wird dafür nicht ausreichen – unsere Schüler*innen benötigen weitere, sehr wichtige emotionale und mentale Kompetenzen.

Dazu gehören ein gesundes Selbstwertgefühl, Empathie und Menschlichkeit, Frustrationstoleranz oder Persönlichkeitsbildung. Sie benötigen ein positives Weltbild mit Hoffnung und Vertrauen in eine Demokratie und in die Zukunft. Aus my eWorld heraus wurde aus diesen Gründen ein digitales Humankonzept oder ein humanes Digitalkonzept entwickelt, das in einem medienpädagogischen Konzept mündete.

Die Kombination von künstlicher Intelligenz, Medizin und Robotik besitzt die disruptive Kraft, neue Lebensformen wie Robo Sapiens, Cyborgs oder Homo Sapiens Digitalis neben dem Homo Sapiens zu etablieren und den Lebensraum, das Zusammenleben und das Wirken des Menschen mit der Digitalisierung vollständig zu verändern.

Diese Art der Inklusion 2.0 gilt es dann für Schulen, Arbeitswelt und vor allem Gesellschaft zu integrieren und zu verstehen. Hier ein Überblick aus unserem zweiten Durchgang von my eWorld 2.0:

  • Zukunft der Computer- und Nanotechnologie
  • Robotik
  • Virtual Reality & 3D
  • Big Data & Analytics
  • Künstliche Intelligenz
  • Mensch 4.0
  • Datensicherheit & Datenschutz

Detlef Steppuhn ist Leiter des Bereichs Neue Technologien und Medien am Erich-Gutenberg-Berufskolleg in Köln.