Mit analogem Kartenspiel zur digitalen Idee?

Mit analogem Kartenspiel zur digitalen Idee?
2
Aug

Kreatives Unterrichten wurde selten so großgeschrieben wie derzeit. Doch selbst den Pfiffigsten unter uns raucht irgendwann gehörig der Kopf. Eine Methode, projektorientierten und zeitgemäßen Unterricht quasi »durch die Hintertür« zu etablieren, bietet das Myndset-Kartenspiel.

Myndset ist ein Kartenspiel, das grandiose Ideen und neue Impulse verspricht. Es hat erstmal nichts Digitales an sich, funktioniert aber nur in einer digital geprägten und projektorientierten Umgebung – und damit auch im Unterricht. Dabei vermischt das Spiel Gamification-Ansätze mit Design-Thinking-Phasen und soll den Ideenfindungsprozess erleichtern.

So läuft das Ganze ab

Zunächst benötigt man natürlich das Kartenspiel an sich. Es ist als Kartenset oder als PDF-Datei verfügbar. Inzwischen gibt es sogar eine eigens auf die Schul-welt bezogene »Education Version«, die in der Betaphase aktiven Tester*innen kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Zu Beginn definiert man ein Thema, danach übernimmt das Kartenspiel mehr oder weniger den Rest. Das Ziel kann alles Mögliche sein, von einer guten Zusammenarbeit in der Gruppe über das geniale und innovative Präsentieren einer Hausarbeit bis dahin, die Welt mit der einen Idee zu verbessern oder zu retten.

Eine Idee finden in fünf Phasen

Konkret läuft der Ideenfindungsprozess mit Myndset in fünf Phasen ab:

Phase 1: Zu Beginn des Prozesses wird das Ziel definiert und es wird darüber gesprochen.
Phase 2: Es werden bestimmte Karten gezogen oder ausgewählt. Es gibt vier verschiedene Kartentypen, die nacheinander dran sind (siehe Infokasten).
Phase 3: Nun macht man sich mit den Karten vertraut. Es wird überlegt, was man mit den Karten anfangen kann oder wie man sie mit den einzelnen Themenfeldern verknüpft. Es geht in dieser Phase noch nicht darum, konkret in Richtung Lösung zu denken. Vielmehr wird hier ein Brainstorming gemacht.
Phase 4: Go crazy! Es wird 30 Minuten lang komplett »am Rad gedreht«. Man darf so tun, als würde es keine Grenzen geben. Es dürfen wilde Theorien aufgestellt und alle Ideen gesammelt werden, seien sie auch noch so verrückt. Am Ende sollen ein stimmiges Gesamtbild und ein tolles Produkt erzeugt werden.
Phase 5: Wurde eine Idee gefunden? Dann wird sie nun präsentiert – aber auch dies nach einer bestimmten Art und Weise, vielleicht als Märchen, vielleicht als Rollenspiel. Auch hierfür wird eine Karte gezogen.

Wie setzt man das Ganze in der Schule ein?

Sowohl im Präsenzunterricht als auch im Fernunterricht kann das komplette Spiel eingesetzt werden, um tolle Projektideen zu finden. Es können aber auch nur einzelne Phasen verwendet werden, etwa die Präsentationskarte, um von einer ewig gleichen Präsentationsform wegzukommen oder gar ein Präsentationstraining für die Schüler*innen zu ermöglichen. Gerade in Schulentwicklungsprozessen bieten die Karten einen unschätzbaren Fundus an Ideen. So macht es Spaß, wenn die Köpfe qualmen.

Die vier Kartentypen

Vision-Karte: Welche Grundannahme oder Vision liegt hinter der Idee? Was soll mit der Idee konkret erreicht werden? Kann damit die komplette Arbeitsweise in einem Unternehmen verändert werden? Diese Karte ist quasi der natürliche Feind von »Das haben wir doch schon immer so gemacht«.

Technology-Karte: Mit welcher Technologie kann die Idee erreicht werden?

Mindset-Karte: Für welche Zielgruppe ist die Idee geeignet? Welche Personen sollen sich von der Idee oder dem Produkt angesprochen fühlen?

Emotion-Karte(n): Die Emotion-Karten signalisieren die Gefühle, die mit der Idee im Menschen hervorgerufen werden sollen. Soll verunsichert, erschreckt, glücklich gemacht werden? Mit diesen Karten werden ganz stark die inneren Antreiber angesprochen, die wir Menschen haben.

Myndset-Kartenspiel

Kartenspiel: Es kann entweder als Kartenset bestellt werden oder als PDF-Datei heruntergeladen werden

Kurs: Der gesamte Prozess lässt sich unter folgendem Link auch in einem kostenlosen Kurs erlernen

Beispiel: Im folgenden Padlet habe ich das Spiel beispielhaft erprobt

»Gerade in Schulentwicklungsprozessen bieten die Karten einen unschätzbaren Fundus an Ideen.«

Unterrichtsbeispiel gefällig?

Hier vielleicht ein konkretes Beispiel aus meinem Unterricht: Ich versuche in der Schule stark projektorientiert zu arbeiten, möchte aber nicht nur Projekte mit meinen Schüler*innen machen, bei denen das Ergebnis schon feststeht. Also versuche ich, das Ergebnis offen zu gestalten. In den letzten Lernjahren sollten meine Schüler*innen einen Kurzfilm in der Fremdsprache drehen. Es kamen stets großartige Beiträge zustande, die aber immer dieselben Klischees bedienten, die die Schüler*innen über die entsprechenden Länder hatten. Mit Myndset haben wir die Filmideen nun ein gehöriges Stück erweitert und variiert, indem wir eine Stunde lang Ideenfindungsprozesse durchgegangen sind und die Struktur des Spiels den Schüler*innen eine neue Richtung vorgezeigt hat. Natürlich gibt es diejenigen, die jetzt nichts anderes machen als vorher. Und auch die, die das doof fanden, gibt es. Die Mehrheit hat sich jedoch von dem Prozess inspirieren und bereichern lassen und es kamen tolle und frische Ideen dabei raus.

Ein Beitrag von Christian Wettke (Lehrer für Spanisch und Sport an der Gemeinschaftsschule West in Tübingen)