IQB Bildungstrend 2024: MINT-Leistungen lassen nach

IQB Bildungstrend 2024: MINT-Leistungen lassen nach
28
Okt.

Wie steht es um die Leistungen deutscher Schüler*innen in den MINT-Fächern? Dieser Frage geht der IQB-Bildungstrend 2024 nach, der vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität zu Berlin erhoben wird.

Er untersucht den Leistungsstand deutscher Schülerinnen und Schüler in der 9. Jahrgangsstufe. Im Fokus stehen Kompetenzen in Mathematik sowie in den naturwissenschaftlichen Fächern Biologie, Chemie und Physik. Die Studie wurde im Auftrag der Kultusministerkonferenz (KMK) durchgeführt und setzt die Reihe der bundesweiten Vergleichsstudien fort, die in den Jahren 2012 und 2018 begonnen wurde.

Individuelle und strukturelle Faktoren im Blick

Zwischen März und Juli 2024 wurden rund 48.300 Schülerinnen und Schüler aus etwa 1.500 Schulen in allen 16 Bundesländern getestet. Ziel war es, festzustellen, in welchem Maße die bundesweit geltenden Bildungsstandards erreicht werden. Neben den fachlichen Leistungen wurden auch Hintergrunddaten zu Motivation, Herkunft, schulischen Bedingungen und Lernumfeld erhoben, um mögliche Zusammenhänge zwischen individuellen und strukturellen Faktoren und den erzielten Kompetenzen aufzuzeigen.

In Mathematik prüften die Tests verschiedene Kompetenzbereiche wie das mathematische Argumentieren, Modellieren und den Umgang mit Darstellungen. In Biologie, Chemie und Physik wurden jeweils fachspezifische Kenntnisse sowie die Fähigkeit zur Anwendung naturwissenschaftlicher Konzepte und Verfahren bewertet.

Verringerung des Leistungsniveaus seit 2018

Die Ergebnisse zeigen, dass sich das Leistungsniveau in allen untersuchten Fächern seit der letzten Erhebung 2018 verringert hat. In Mathematik lagen etwa 34 Prozent der Schüler:innen unter dem Mindestniveau, das für den mittleren Schulabschluss vorausgesetzt wird. 2018 lag dieser Anteil noch bei rund 24 Prozent.

In den Naturwissenschaften sind die Rückgänge geringer, aber ebenfalls messbar: In Chemie verfehlten etwa 25 Prozent der getesteten Jugendlichen die Mindeststandards, in Physik rund 16 Prozent und in Biologie etwa 10 Prozent. Im langfristigen Vergleich seit 2012 ergibt sich ein insgesamt negativer Trend. In allen getesteten Fächern ist ein kontinuierlicher Leistungsrückgang zu beobachten.

Regionale Unterschiede und mögliche Einflussfaktoren

Trotz der insgesamt rückläufigen Entwicklung bestehen weiterhin deutliche Leistungsunterschiede zwischen den Bundesländern. So schneiden Schüler:innen in süddeutschen Ländern wie Bayern oder Baden-Württemberg im Durchschnitt besser ab als in mehreren nord- und ostdeutschen Ländern. Auch innerhalb der Länder zeigen sich Unterschiede zwischen Schulformen und sozialen Gruppen.

Als mögliche Einflussfaktoren nennen die Forscherinnen und Forscher unter anderem die unterschiedlichen Unterrichtsbedingungen, die Personalausstattung der Schulen sowie die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die über längere Zeiträume hinweg den Präsenzunterricht beeinträchtigt hat.

Darüber hinaus weisen die Daten auf einen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schulleistung hin: Studienteilnehmer:innen aus sozial schwächeren Familien sowie Jugendliche mit Deutsch als Zweitsprache erreichen im Durchschnitt geringere Kompetenzwerte.

Positive Entwicklungen

Trotz der insgesamt rückläufigen Leistungsentwicklung enthält der Bericht auch Befunde, die eine positive Entwicklung erkennen lassen. So berichten viele Schülerinnen und Schüler, dass sie sich in ihrer Schule weiterhin wohlfühlen und sozial gut eingebunden sind. Besonders bemerkenswert ist, dass auch Jugendliche mit Fluchterfahrung überwiegend angeben, sich gut integriert zu fühlen. Dies gilt als Hinweis auf gelingende Integrationsprozesse im schulischen Alltag.

In den getesteten Fächern Biologie, Chemie, Physik und Mathematik äußern viele Jugendliche ein mittleres bis hohes Selbstkonzept – sie trauen sich also fachlich etwas zu. Das Interesse am Fach Biologie ist laut den Befragungen besonders ausgeprägt.

Auch auf Lehrkräftebene zeigen sich positive Tendenzen: Viele Lehrende geben an, ihren Beruf mit Engagement und Zufriedenheit auszuüben. Dies gilt auch für Seiteneinsteiger:innen, die häufig mit einer hohen beruflichen Motivation starten.

Zudem bewerten zahlreiche Lehrkräfte den Einsatz digitaler Medien im Unterricht als sinnvoll und hilfreich. Vor allem Lehrkräfte in Mathematik und Physik berichten von positiven Erfahrungen mit digitalen Werkzeugen und sehen sich in der Lage, diese gewinnbringend einzusetzen.

Langfristige Entwicklungen, komplexe Ursachen

Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen, dass die Ergebnisse im Kontext der bisherigen Bildungstrends betrachtet werden müssen. Der Leistungsrückgang setzt Entwicklungen fort, die bereits seit 2012 erkennbar sind. Das IQB verweist darauf, dass die Ursachen komplex sind und nicht allein auf einzelne Ereignisse oder Faktoren zurückgeführt werden können.

Die Kultusministerkonferenz kündigte an, die Ergebnisse in den kommenden Monaten auszuwerten und gemeinsam mit den Ländern Maßnahmen zur Verbesserung der Basiskompetenzen in Mathematik und den Naturwissenschaften zu prüfen. Diskutiert werden unter anderem verstärkte Förderprogramme, eine frühere und gezieltere Unterstützung in der Grundschule sowie die Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität.