Wie Chatbots helfen können, Sprachbarrieren im Unterricht abzubauen und warum sie mehr sind als nur ein Gimmick.
von Nadine Reber
Warum eigentlich mit KI sprechen?
Sprechen ist eine der größten Herausforderungen im Fremdsprachenunterricht und oft auch eine der größten Hürden. Die Hemmschwelle, in einer Fremdsprache spontan zu kommunizieren, ist bei vielen Lernenden hoch: Angst vor Fehlern, fehlende Übungspartner oder einfach zu wenig Zeit im Unterricht. Genau hier setzt der Einsatz von KI an, insbesondere von Chatbots, die Gespräche simulieren können.
KI kann kein echtes Gespräch mit einem Menschen ersetzen, aber sie kann Brücken bauen, Selbstvertrauen stärken und Lernprozesse aktiv unterstützen. Vor allem für die Kompetenz Spoken Interaction, also dem dialogischen Sprechen, eröffnen sich neue, niedrigschwellige Übungsmöglichkeiten.
Chatbots als digitale Dialogpartner
In meiner Berufsschulklasse zum Thema „Job Interviews“ setze ich regelmäßig Chatbots ein, um Vorstellungsgespräche zu simulieren. Die Lernenden bereiten typische Interviewfragen vor, formulieren eigene Antworten und testen diese im Dialog mit einem KI-Chatbot. Besonders motivierend: Die KI reagiert individuell, stellt Rückfragen und bleibt dabei immer geduldig.

Es gibt mittlerweile verschiedene DSGVO-konforme Plattformen, auf denen Lehrkräfte eigene Chatbots erstellen können. Dabei lassen sich Sprachniveau, Themenbereich und Antwortformat flexibel programmieren, je nach Unterrichtsziel und Lerngruppe.
Wichtig zu wissen: Die Interaktion mit Chatbots erfolgt in der Regel zunächst schriftlich, das heißt, wir fördern hier primär die Kompetenz Writing. Um daraus Spoken Interaction entstehen zu lassen, plane ich im Anschluss gezielte mündliche Transferaufgaben. Etwa: Die Chatverläufe dienen als Skript für kurze Rollenspiele in Partnerarbeit. Die Lerner bereiten die KI-Chats vor und spielen sie anschließend als Job Interview oder Kundengespräch im Tandem durch.
Für Deinen Unterricht
Hier ist ein erprobter Prompt, den Deine Schüler:innen nutzen können, um ein Bewerbungsgespräch mit einem Chatbot zu simulieren:
“Act as a job interviewer for a junior position in a company. Ask me common interview questions in English, one by one. Wait for my answer after each question before asking the next. You can also give short feedback or ask follow-up questions based on my answers. Keep the tone polite and professional.”
Ein Beispiel aus meinem Unterricht: Ein Schüler simuliert ein Bewerbungsgespräch mit der KI. Nach der Frage: „Can you tell me something about yourself?” antwortet er: “I’m 18 years old and currently studying business administration at a vocational school. I’m very organized and enjoy working in a team.” Die KI reagiert mit einer Rückfrage: “That sounds great! Can you give me an example of a team project you worked on?” und fördert so weitere Kommunikation.
Mein Praxisblick
Chatbots sind keine magischen Lehrkräfte – aber sie sind ein wertvolles Werkzeug, um Sprachpraxis individueller, flexibler und lebensnaher zu gestalten. Sie ermöglichen es, Gespräche zu üben, ohne bewertet zu werden, fördern die Selbstständigkeit und stärken digitale Kompetenzen. Entscheidend ist jedoch, dass wir den Einsatz gut einbetten, reflektieren und weiterführen; von der schriftlichen Übung hin zur echten Kommunikation.
Gerade im Kompetenzbereich „Spoken Interaction“ können KI-gestützte Dialoge ein starker Impuls sein: nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung und Vorbereitung auf reale Gesprächssituationen. Für mich ist klar: Wer Schüler:innen heute sprachlich fit machen will, sollte ihnen auch den Umgang mit KI als Kommunikationspartner ermöglichen.

Über die Autorin
Nadine Reber ist Englischlehrerin an einer BBS sowie Bildungsinfluencerin mit einer aktiven Community auf Instagram. Dort teilt sie unter dem Namen „@spektakulehrer“ praxisnahe Einblicke in ihren digitalen Unterrichtsalltag, mit einem besonderen Fokus auf KI, Tools und kreative Lernmethoden.
