Facebook auf dem Prüfstand: Gigant mit Schwächen

Facebook auf dem Prüfstand: Gigant mit Schwächen
27
Jul

Seit der Entwicklung des Web 2.0, das es passiven Web-Konsumenten ermöglichte, nicht nur Inhalte zu konsumieren, sondern diese auch selbst zu produzieren (vom „Consumer“ zum „Prosumer), sind soziale Netzwerke aus dem digitalen Alltag von Schülerinnen und Schülern nicht mehr wegzudenken.

Dabei erfüllen sie vielerlei Funktionen: Sie ermöglichen es den Nutzern, mit Freunden und Bekannten aus entfernteren Regionen im Kontakt zu bleiben, erlauben es ihnen, andere an ihrem Alltag teilhaben zu lassen und an deren Alltag teilzuhaben, dienen der Information über Themen, welche die Nutzer interessieren und machen diese auf Veranstaltungen aufmerksam. Die Liste an Funktionen geht natürlich noch weiter und die Nutzungsmotive sind selbstverständlich subjektiv.

Social-Media-Plattformen unter der Lupe

Grund genug also, einen genaueren Blick auf die sozialen Netzwerke zu werfen. Deswegen starten wir heute unsere #excitingedu Social-Media-Reihe. In den nächsten Wochen widmen wir uns den beliebtesten Social-Media-Plattformen, stellen diese kurz vor und beleuchten ihre Vor- und Nachteile. Den Anfang bildet das wohl bekannteste soziale Netzwerk: Facebook.

Facebook: die Mutter des Hypes

Facebook gilt nach wie vor als der Inbegriff von Social Media und wird häufig als erstes originäres soziales Netzwerk bezeichnet. Letztere These gilt zwar als umstritten, da es zur damaligen Zeit schon verschiedene, ähnliche Plattformen gab. Unbestritten ist indes, dass Facebook den Begriff und die Gattung geprägt hat wie kein anderes Unternehmen. Mit derzeit (Stand: Juli 2018) 2,34 Milliarden Mitgliedern, von denen  1,47 Milliarden täglich auf der Plattform aktiv sind, ist Facebook mit hohem Abstand das größte soziale Netzwerk weltweit.

Die Funktionen im Überblick

Mit den Jahren wurde der Funktionsumfang von Facebook kontinuierlich weiterentwickelt. Klassische Social-Media-Standards, wie etwa das Posten von Neuigkeiten auf der eigenen Wall, das Kommentieren, Teilen, Liken und der persönliche Newsfeed, in dem die Posts von Freunden, geliketen Seiten, aber auch gesponserte und themenverwandte Posts erscheinen, wurden um neue Formate, etwa die aus Snapchat und Instagram bekannten Stories und Live Videos ergänzt.

In gewisser Hinsicht handelt es sich bei Facebook also nicht nur um ein soziales Netzwerk, sondern auch um eine Multimedia-Plattform, die es ihren Nutzern ermöglicht, verschiedenste Medientypen zu konsumieren als auch zu produzieren und zu veröffentlichen. Darüber hinaus lassen sich auch geschlossene und offene Gruppen erstellen, die ähnlich den älteren „Boards“ dazu dienen, Mitgliedern mit ähnlichen Interessen die Möglichkeit des Austauschs zu geben. Auch die Veranstaltungs-Funktion ist inzwischen sehr beliebt. Hiermit können private als auch kommerzielle Mitglieder öffentliche und geschlossene Events erstellen, zu denen sie andere Mitglieder einladen können. Diese lassen sich unter anderem über Facebooks eigenen Messenger kommunizieren.

Wissen um adäquaten Umgang

Der Umfang an Funktionen, die den Nutzern bereitsteht und kontinuierlich ergänzt wird, zeigt deutlich, wie komplex es ist, Schülerinnen und Schülern einen adäquaten, selbstverantwortlichen Umgang mit der Social-Media-Plattform zu vermitteln. Dennoch gibt es eine Reihe relevanter Themen, an denen sich ansetzen lässt und mit deren Hilfe sich einzelne Funktionen genauer betrachten lassen:

Datenschutz

Nicht erst seit dem Skandal um die unrechtmäßige Facebook-Datenauswertung durch das britische Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica wird Facebook von Datenschutzwächtern kritisch beäugt. Umso wichtiger ist es für Schülerinnen und Schüler daher, sich darüber im Klaren zu sein, welche Daten sie der US-amerikanischen Plattform zur Verfügung stellen. Neben den offensichtlichen Informationen – bspw. den Inhalten von Posts, Kommentaren und Messages – gehören hierzu auch jeder Like, jede Profilansicht sowie die Metadaten der hochgeladenen Bilder und Videos. Gerade letztere beinhalten häufig mehr Informationen als viele annehmen. Datum, Uhrzeit, Ort der Aufnahme – all diese Daten werden meist unbewusst an Facebook weitergegeben. So entstehen binnen kurzer Zeit Bewegungsprofile der Nutzer, die Rückschlüsse auf deren Alltag zulassen. Doch nicht nur das, die Algorithmen des kalifornischen Unternehmens sind so fortgeschritten, dass sie inzwischen auch schon den Inhalt von Bildern auswerten können. Mit anderen Worten: Das schnell gepostete Urlaubsbild verrät selbst ohne Metadaten noch, wo es entstanden ist, was der Nutzer vielleicht gerade gegessen hat und ob er oder sie lächelt.

Was passiert mit meinen Daten?

Was passiert mit diesen Daten? Zum einen, so Facebook selbst, würden sie genutzt, um die Plattform kontinuierlich für ihre Mitglieder zu optimieren. Zum anderen – und vermutlich größeren Teil – dienen sie Facebook als Grundlage für personalisierte Werbung. Denn hierin liegt das Hauptgeschäftsmodell der Social-Media-Plattform. Werbetreibende Unternehmen können ihre Marketing-Maßnahmen auf Basis der genannten Daten direkt an spezifische Zielgruppen ausspielen. Dies ist einer der Gründe, warum kein Facebook-Newsfeed dem anderen gleicht.

Bewusstsein für die eigenen Daten entwickeln

Aufgrund dessen sollten Schülerinnen und Schüler ein Gespür dafür entwickeln, welche Daten sie freiwillig übermitteln und zu welchen Konsequenzen dies führen kann. Besonders wichtig ist dies hinsichtlich der mobilen Nutzung: Die Facebook-App erbittet zu Beginn Zugriff auf Bilder, Videos, Standort und Kontakte der Nutzer. Hierbei sollte im Vorfeld überlegt werden, ob dies wirklich notwendig ist oder sich ein Post auch anderweitig umsetzen lässt. Zwar wurde der EU-weite Datenschutz mit Inkrafttreten der DSGVO (Mai 2018) verschärft, Facebook hat allerdings schon vermeintliche Schlupflöcher identifiziert und die Verordnung bisher noch nicht vollständig umgesetzt.

Copyright und Urheberrecht

Ein weiterer Ansatzpunkt ist das Urheberrecht bzw. Copyright. Schülerinnen und Schüler sollten dafür sensibilisiert werden, dass sie sich vor dem Posten fremder Bilder, Texte oder Videos darüber im Klaren sein müssen, wer das Urheberrecht hierfür besitzt. Handelt es sich um eine CC Lizenz, können sie die jeweiligen Inhalte veröffentlichen. Ist dies nicht der Fall, muss eine Verwendung mit dem Rechteinhaber abgesprochen und von diesem genehmigt werden. Besonders wichtig ist dies bei Profilbildern, da diese auch bei privaten Profilen sichtbar sind und sich bspw. über die Google Bildersuche problemlos finden lassen.

Verlinkungen meist unproblematisch

Die Verlinkung fremder Inhalte ist indes weitgehend unproblematisch, da sie in der Regel auf die jeweilige Webseite des Urhebers verweist. In den meisten Fällen haben diese hierfür schon einen kurzen Vorschautext und ein Bild in ihrem jeweiligen CMS (Content Management System) hinterlegt, um einen ersten Einblick zu geben. Einige Webseiten und Plattformen werden indes von Facebook zur Verlinkung gesperrt, da sie illegale Inhalte bereitstellen. Auch das zugänglich machen von eigentlich kostenpflichtigen Inhalten via Link ist nicht erlaubt und kann zu Konsequenzen führen. Letzteres stellt allerdings einen Ausnahmefall dar.

Unbewusste Verletzungen der Persönlichkeitsrechte

Viel häufiger kommt es indes dazu, dass Schülerinnen und Schüler unbewusst die Persönlichkeitsrechte anderer verletzen. Befinden sich auf einem geposteten Bild beispielsweise Lehrende oder Mitschüler, müssen diese vor Veröffentlichung um Erlaubnis gefragt werden. Geschieht dies nicht, können sich Betroffene wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild juristisch zur Wehr setzen. Sollten die Betroffenen noch minderjährig sein, muss eine Zustimmung zur Veröffentlichung bei den Eltern oder Erziehungsberechtigten eingeholt werden.

Urheberrechte an den eigenen Bildern

Vorsicht ist auch beim Posten eigener Bilder auf Facebook geboten. Qua Nutzungsvertrag erteilen Mitglieder der Social-Media-Plattform eine übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie und weltweite Lizenz für die Nutzung an den Fotos. Dies bedeutet, dass Facebook die veröffentlichten Bilder seiner Nutzer für eigene Zwecke verwenden kann. Zusätzlich hindert diese Klausel Nutzer daran, das ausschließliche Copyright an einem auf Facebook geposteten Bild an Dritte zu veräußern. Theoretisch, denn inzwischen gibt eine Reihe an deutschen Gerichtsurteilen, die diese Klausel als nichtig erklären. So kommt der Leipziger Urheberrechts- und Medienanwalt Alexander Grundmann zu folgendem Schluss:

Da dieses Geschäftsbedingungen aber wohl rechtswidrig sind, bleiben in der Praxis tatsächlich fast alle Rechte bei Ihnen. Trotzdem geben Sie Facebook einige Rechte. Wenn Sie ein Foto hochladen, wollen Sie ja, dass es auf Facebook veröffentlicht wird. Deshalb geben Sie Facebook zumindest konkludent das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung an den Fotos. (Grundmann, 26.09.2016)

Fake News

Im Vorfeld des US-Wahlkampfs 2016 wurde – wie im Nachhinein aufgedeckt – eine Vielzahl an Fake News kolportiert, um politische Gegner bewusst zu kolportieren. Mit Hilfe von (Social) Bots, die darauf programmiert sind, eigenständig Kommentare in den sozialen Netzwerken zu veröffentlichen, haben Falschaussagen, Anschuldigungen und manipulierte Bilder und Videos große Reichweiten erzielt und wurden mitunter sogar von seriösen Medien aufgegriffen. Umso wichtiger ist es daher, Schülerinnen und Schülern Techniken zu vermitteln, mit denen sie zwischen seriösen und unseriösen Nachrichten und Quellen differenzieren können.

Quellen richtig bewerten

Auf Facebook selbst ist diesbezüglich wenig Verlass: Zwar hat man in Menlo Park inzwischen die eigene Verantwortung hinsichtlich der Verbreitung von Fake News erkannt. Jüngsten Aussagen Mark Zuckerbergs zur Folge, will man aber beispielsweise Beiträge von Holocaust-Leugnern nicht grundsätzlich verbannen. Zum Thema Fake News gibt es inzwischen eine Reihe aktueller Unterrichtseinheiten, etwa auf dem Niedersächsischen Bildungsserver. Hierzu gehört auch die App „Fake News Check“, die Schülerinnen und Schülern bei der Bewertung von Quellen mit Hilfe eines Fragebogens unterstützt.

Fazit

Facebook ist fester Bestandteil des Alltags von Lernenden als auch von Lehrenden. Ob Austausch, Information, Inspiration oder Selbstdarstellung: die Nutzungsmöglichkeiten sind so vielfältig wie die fast 2,5 Milliarden Nutzer. Viele dieser Funktionen sind positiv. Sie ermöglichen es uns, über den Tellerrand hinauszublicken, Kontakte auch längerfristig nicht aus den Augen zu verlieren und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Um diese Möglichkeiten zielführend und selbstverantwortlich wahrnehmen zu können, bedarf es aber einer kritischen, informierten Reflexion des eigenen Handelns und wirkungsvollen Strategien, um mit den negativen Aspekten der Plattform umgehen zu können.

Tobias Börner